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blieben diese Schöpfungen.zwanzig Jahre
verschlossen im Pulte, während welcher
Zeit Bessenyei M . I, S. 330^ mit
seinen Dichtungen in die Oeffentlichkeit
trat. und als ein glanzvoll aufsteigender
Stern am Horizonte der ungarischen
Poesie Anhänger und Nachahmer fand.
Orczy nichts weniger als dadurch be-
irrt, um seinen alteren Dichterruhm
gekommen zu sein, begrüßte vielmehr
Bessenyei's Erscheinen, seine und sei<
uer Genoffen Wirksamkeit, mischte sich als
ein Mann, der durch den Glanz seiner
Geburt, seiner ausgedehnten Besitzungen,
seiner militärischen und bürgerlichen hohen
Stellung einer der angesehensten Magna»
ten Ungarns war, mit väterlichem, ja
freundschaftlichem Wohlwollen unter sie
und nährte in ihnen, die als Neuerer
und Verbesserer des der Verbesserung
dringend bedürfenden magyarischen Ge-
fchmacks. von den Angriffen der Ge«
schmacklosen und Tadelsüchtigen nicht
verschont blieben, das edle Streben und
die der Sache werthe Ausdauer. Auch
diese Art von Wirksamkeit, bemerkt tref«
fend Ungarns Literaturhistoriker, Franz
Toldy, mit Aufmerksamkeit zu verfol«
gen und mit pietätvoller Würdigung zu
verkündigen, ist eine heilige Pflicht des
Geschichtsforschers, weil das Verdienst
der Aufmunterung oft nicht geringer ist,
als das derjenigen, welche in ungünsti»
gen Zeiten einen Theil ihrer schaffenden
Kraft oft aus solchen Aufmunterungen
schöpften. Orczy's eigene poetische
Schöpfungen wurden kurz vor seinem
Tode von R6vai unter dem Titel:
(Preßburg 1787) und
(ebd. 1789) herausgegeben.
Einzelnes von Orczy's Dichtungen ist
überdieß noch im ^ , und im „Orpheus" zu finden. Seine
! Poesien bestehen aus größeren und klei°
neren Lehrgedichten, unter denen drei
und zwanzig aus Boethius und aus
zahlreichen Episteln. Der oberwahnte
Literarhistoriker Ungarns legt das Ge-
wicht bei Orczy's Dichtungen minder,
auf ihr poetisches Element, das durch
Weitschweifigkeit und mitunter prosaische
Nüchternheit beeinträchtigt wird, als
vielmehr auf die hohe Gesinnung, die
jedes seiner Gedichte athmet. Nicht, wie
bei Bessenyei der Fall ist, abstracte
Gegenstände der Philosophie beschäfti-
gen ihn, vielmehr ist es eine gesunde
frische Moral, die aus Orczy's Versen
im Wohlklange einer mit Geschick behan»
delten Sprache redet. Ein auf reinem
Selbstbewußtsein begründetes Lebens«
glück und Gewissensruhe erscheinen ihm
als höchstes Ziel des Daseins, Alles
andere ist eitel und Thorheit dieser Welt;
fremdes Elend läßt ihn nicht kalt und
gleichgiltig, in seinen Ansichten aristokra»
tisch, liebt er einfache Sitten, die Leiden
der niederen Stände erwecken sein volles
Mitgefühl, ihre Arbeit und Tugenden
seine Achtung. Mensch in des Wortes
schönster Bedeutung ist er durch und
durch Ungar. Formell lehnt sich O. mit
seinen Dichtungen an die französischen
Vorbilder seiner Zeit an, Kertböny
nennt ihn „den Vater der ungarischen
Epistolarpoesie und durch seine Bugacser
Csirda den Begründer nationaler De«
scription". Ueber seine Familie vergleiche
die Stammtafel und auf S. 84 die g e>
nea logische Darstellung. Nur sei hier
noch bemerkt, daß ihm Nagy in seinem
Werke: „^2,^3,10132^ oL2.1ää2.i",
Bd. IX, S. 239, auf der Stammtafel
drei Frauen: 1) Judith Baronesse
Podmanitzky, 2) Judith Baronesse
Ostroluczki (und nicht Ostroluzzi,
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
O'Donnel-Perényi, Band 21
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- O'Donnel-Perényi
- Band
- 21
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 542
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon