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von Geblüt einzubringen, wurde aber
nur durch eindringliche Vorstellungen
mehrerer seiner Collegen davon abgehal»
ten. Bei Ausbruch der Revolution vom
29. November 1830 wurde O. von dem
Ministerrathe zugleich mit Czarto-
ryski. Lubecki und Lelewel an den
Großfürsten Konstantin entsendet und
verlangte von diesem die Räumung Po»
lens von Seite der Russen, worein der
Großfürst einwilligte. Am 48. December
wurdc der Graf zum Präsidenten der
Landborenkammer ernannt, verzichtete
aber vorhinein auf die mit dieser Würde
verknüpften Reprnsentationskosten. Als
bald darauf an die Stelle der Provisor!»
schen Regierung ein Nationalrath singe»
setzt wurde, wurde auch Ostrowski
Mitglied desselben und erhielt das
Departement deS öffentlichen Unterrichts
zugewiesen. Das Verhalten OstrowSki's
wahrend der ganzen Revolution war
edel, muthvoll, uneigennützig, aufopfernd,
kurz tadellos, ehrenvoll. Als der Land«
tag zur Wahl eines neuen National«
Regierungs'Präsidenten schritt, war von
vielen Seiten das Augenmerk auf ihn
gerichtet, doch fiel die Wahl nicht auf
ihn. Nach der Eroberung Warschau's
durch die Ruffen verließ O. mit der
Regierung die Stadt Plock und über«
schritt am 26. September 1831 die
preußische Grenze. Seine letzte rettende
That war, daß er das ganze Archiv des
Landtages den Händen des Siegers
entzogen und fortgeschafft hatte. Ohne
Kenntniß der Niederlage Ramorinos
und Roäyckis suchte er nach Krakau zu
kommen, welchen Ort alle Repräsentan-
ten zum Sammelplatze bestimmt hatten,
wurde aber an der galizischen Grenze
arretirt und nach Grätz geführt. Dort
lebie er über drei Iahrzehnde im Exil.
Daselbst war der edle Polenheld eine stadtbekannte und seiner Originalität
wegen vielgenannte Persönlichkeit. Von
aller Politik fern, lebte er in stiller
Zurückgezogenheit, und dieses sein Leben
schilderte jüngst erst Karl von Hol t ei
in seiner jeden Leser anmuthenden
Weise in „Ueber Land und Meer"
(XXII. Bd. ^ l . Jahrg. 1869). Beilage
zu Nr. 36: „Bilder aus Gratz"). Im
Jahre 4860 hieß es plötzlich, der
Graf habe den Entschluß gefaßt, in
päpstliche Dienste zu treten. Doch scheint
er denselben nach der Hand aufgegeben
zu haben. Wohl aber erhielt er bald
darauf von der Regierung die Erlaubniß,
zu Verwandten nach Galizien zu ziehen,
welche Erlaubniß er benutzte. Dort lebt
er bis zur Stunde, wie eben der ober«
wähnte Aussatz Holt ei's Kunde gibt,
in welchem ein neuestes Schreiben des
Grafen an eine Dame in Gratz mitge«
theilt wird. Die schweren Schläge des
Schicksals haben diesem ausgezeichneten
Charakter den Stempel des Sonderlings
aufgedrückt, ohne jedoch jene Liebens-
würdigkeit zu verwischen, welche die
Polenhelden des Jahres 1830 mehr
oder minder alle auszeichnet.
Straszewicz (Joseph), Die Polen und die
Polinen der Revolution vom 29. November
1830 (Stuttgart 1832—1837, Schweizerbart,
gr. 80.) S. 358-384. — Prag er Zeit '
schrift. Chronik für österreichische Literatur
(4<>.) 185t, Nr. 6: „Bilder aus Gratz". —
Salzburg er Kirchenblatt (4".) 1860,
S. 173. — Porträte. 1) G. Küstner lith.
(80.); — 2) Lithllgr. ohne Angabe des Zeich,
ners (G. Schulhe), Fol. — Noch sei hier
des Fräuleins Theresia Ostrowsty von
Ostrow gedacht, einer in Wien seßhaften
und daselbst am 17. März 1867 im Alter
von 80 Jahren verstorbenen Tabak-Trafikan-
tin, die ihr ganzes, aus 40.000 fl. bestehen,
des Vermögen zu gleichen Theilen den barm-
herzigen Brüdern in der Leopoldstadt und
der Wohlthätigkeitsanstalt in Baden vermacht
hat. Die Interessen jedoch beziehen auf Le-
bensdauer zwei durch langjährige Dienstzeit
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
O'Donnel-Perényi, Band 21
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- O'Donnel-Perényi
- Band
- 21
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 542
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon