Seite - 27 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
Bild der Seite - 27 -
Text der Seite - 27 -
Verl 27 Perl
Seine Tüchtigkeit im Maschinenwesen ist
auch Ursache, daß sich AlleS im Lande in
dergleichen Angelegenheiten an ihn wen«
det und seinen Rath einholt, oder seine
Leitung bei Aufstellung von Maschinen
in Anspruch nimmt.
Hermann (Heinrich), Handbuch der Geschichte
des Herzogthums Kärnthen in Vereinigung
mit den österreichischen Fürstenthümern (Kla-
genfurt 1860 u. f., I . Leon, so.) m . Bd.
3. Heft: (Kulturgeschichte Karnthens vom Jahre
1790 bis 1857 (1859) oder der neuesten Zeit,
S. 271.
Perl, Joseph (israelitischer Päda-
g og, geb.. zu Tarn opol in Galizien
im Jahre 1773, gest. ebenda im Jahre
1839). Der Sohn eines wohlhabenden
Ifraeliten, der in Tarnopol. einer da«
mals noch unbedeutenden galizischen
Provinzialstadt, einen Weinhandel und
außerdem einen Ausfuhrhandel mit Roh-
producten nach Deutschland betrieb. Unter
glücklichen häuslichen Verhältnissen ver«
lebte Joseph seine Jugend und, erst
dreizehn Jahre alt. hatte er sich schon
nicht unbedeutende talmudische Kennt»
nisse angeeignet. Mit 14 Jahren heira«
thete er, und aller Lebenssorge enthoben,
indem die reichen Eltern lange Jahre ihn
sammt Frau und später auch mit Kindern
bei sich behielten und für deren Lebens»
unterhalt ausgiebig sorgten, hatte der
Sohn Muße genug, seinen talmudischen,
später auch kabbalistischen Studien mit
Eifer obzuliegen. So vergingen seine
IünglingSjahre in nutzlosem geistigem
Brüten und Traumen, woraus sein
Uebertritt zum Chassidismus. der sich
eben damals zu regen begann, zu erklä«
ren. Der Chassidismus war eine Art
Sectirerei, welche in den Neunziger Iah-
ren deS achtzehnten Jahrhunderts mäch«
tig zu Tage trat. Während in der ange»
gebenen Zeitperiode die große Gährung,
durch die französische Revolution hervor« gerufen, in allen Geistern begann und
Sitten und Denkart aller Völker sich
neu gestalteten, blieben die polnischen
Juden allein vom Geiste der Zeit unbe«
rührt, ja noch mehr, sie versanken in den
finstersten abgöttischen Aberglauben der
rohesten Jahrhunderte zurück. Die Be«
mühungen Mendelssohn's und seiner
Schüler negirend und verhöhnend, führ«
ten sie den despotischen Cultus einer
irregeleiteten Phantasie, einen alle edle«
ren menschlichen Triebe lahmenden Fa»
talismuS im Iudenthume ein, alle An»
dersdenkenden offen und heimlich ver-
folgend. Und zu den Anhängern dieses
Irrwahns gehörte auch der junge Perl .
Aber die Ausartung des Chassidismus
weckte in Perl 's Seele zuerst Zweifel
und mit dem Beginne derselben entwand
sich alsbald sein Geist dem finstern
Wahne, der ihn lange genug in seinen
Banden gehalten. Er erwachte aus seiner
unfreiwilligen Verirrung und der Vater,
der langst mit Besorgniß diese unheil»
volle Richtung des Sohnes beobachtet
hatte, benutzte sogleich die veränderte
Stimmung desselben und stand ihm hilf»
reich zur Seite. Er führte ihn in das
Geschäftsleben ein, suchte in ihm Sinn
für Handel und Erwerb zu wecken,
schickte ihn auf Reisen nach Ungarn und
nach Wien. von denen der Sohn, geistig
genesen, zurückkehrte. Ein anderer we-
sentlicher und den Umschwung inPerl'K
Denkungsart mächtig fördernder Um»
stand war seine Bekanntschaft mit Beer
Günzburg — wohl der Vater deS
Dichters Johann Franz Günzburg
Md.VI, S. 17) — der damals eine ehren«
volle Stelle in der hebräischen Literatur
einnahm und an den sich Perl mit sol<
cher Innigkeit anschloß, daß er den
Vater dahin zu stimmen wußte, Günz-
bürg in's HauS nehmen zu dürfm, in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon