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Petöfi Petöfi
(1849—1833), in welcheres der herrschen«
dendrakonischenAuSnahmszustände wegen
gewagt erschien, eine neue Auflage seiner
Gedichte anzukündigen, mehrere neue
Auflagen mit der Jahreszahl der ersten
auf dem Titel, in daS Publicum so zu
sagen geschmuggelt wurden. Ich berichte
dieß als etwaS, was man sich hie und da
in vertrauten Kreisen erzählte, ohne die
Wahrheit zu verbürgen, wenngleich mir
die Sache ganz und gar nicht unglaub«
würdig erscheint. Indessen hatte Pe»
tof i , dessen Dichterruhm im fortwar)»
renden Steigen begriffen war, Julie
Szendrey, die Tochter eineS unga«
rischen Herrschaftsbeamten in SzathmHr.
kennen gelernt und für sie eine so tiefe
Neigung gefaßt, daß er um ihre Hand
anhielt. Der Vater des Mädchens wollte
von einer Verbindung lange nichts wis.
sen und gab erst nach vielen Kämpfen
im September 4847 seine Einwilligung.
Mit seiner jungen Frau unternahm nun
P. eine kleine Reise im Lande, auf wel-
cher er seinen Nebenbuhler in der Dich-
tung, den damals eben aufgetauchten
epischen Dichter Johann Arany Md. I,
S. 38^ in Szalonta besuchte und bei
ihm gastliche Aufnahme fand. in EperieS
mit Tompa zusammentraf und mit
einem Iugenfreunde, dem schon erwähn»
ten Friedrich Kerönyi, der unter dem
Namen Emil Vidor als Dichter auftrat
und im Jahre 1832 im Wahnsinne starb,
einige glückliche Tage verlebte. P. war
berühmt geworden, und im Zenyth seines
Dichterruhmes trafen ihn die Märztage
des Jahres 1848. Am 13. März schloß
sich Petöf i den Mitgliedern der bereits
in voller Aufregung begriffenen medici«
Nischen und philosophischen Facultat an
und zog im Vereine mit diesen Iünglin«
gen nach der Buchdruckerei von Lande-
rer und Heckenast in der Hatvaner« gaffe, wo sie
sich sofort einer Presse bemäch«
tigten und die zwölf Puncte drucken lie-
ßen. in welchen die Wünsche der Nation
ausgesprochen waren und die nun durch
Maueranschlag dem großen Publicurn
bekannt gegeben wurden. Diese zwölf
Puncte sind das erste, in Ungarn ge»
druckte censurfreie Blatt. Sie lauten:
1) Preßfreiheit mit Aufhebung der
Censur; 2) Ein verantwortliches Mini«
sterium; 3) Jährlich einzuberufender
Landtag in Pesth; 4) Gleichheit vor
dem Gesetze in politischer und rett»
giöser Hinsicht; 3) Nationalgarde;
Gleiche Besteuerung, gleiche Vertheilung
der Lasten; 7) Aufhebung der Urbarial«
gesetze; 8) Geschwornengerichte, Volks»
Vertretung auf dem Principe der Gleich,
heit; 9) Eine Nationalbank; 10) Be«
eidigung des Militärs auf die Verfassung,
Abmarsch der fremden. Rückkehr der hei«
mischen Truppen; 11) Freilassung der
politischen Staatsgefangenen; 12) Union,
Verbindung mit Siebenbürgen. Um 3 Uhr
Nachmittags wurde dieses erste censur«
frcie Blatt von der jugendlichen Schaar
in das Museum getragen und dem Di«
rector mit dem Auftrage übergeben, daS-
selbe zu ewigem Andenken an den ersten
Sieg der Preßfreiheit im Archive aufzu«
bewahren. Die Hatvanergasse wurde
gleichzeitig in eine PreßfreiheitSgasse
(82Äbg.äL^'t6 utosa) und über Petöf i 's
Antrag der RathhauSplatz in einen Frei-
heitsplatz (82g.d2.6.gä.Ft6r) umgetauft.
Auch dichtete Petöf i die ungarische
Marseillaise, spater die ungarische Na»
tional-Hymne genannt, welche mehrere
Abende hindurch im National-Theater
bei freiem Einkitte und unter Beglei-
tung von Seite des Publ'icumS gesungen
wurde. Die ungarische National Hymne
P.'s wurde mehrere Male in'S Deutsche
übersetzt, zuerst von einem spater ver-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon