Seite - 107 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
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Petrasch 107 Petrasch
bestimmend für seine eigene Richtung.
Er nahm sofort die unterbrochene Reise
in Deutschland wieder auf. I n Würz«
bürg, wo er längere Zeit verweilte, lernte
er das Fräulein Anna von HetterS«
dorf kennen, die er zu seiner künftigen
Lebensgefährtin erwählte und nun mit
ihr nach Olmütz zurückkehrte, wo er sei-
nen bleibenden Wohnsitz nahm. Er lebte
fortan ganz den Wissenschaften, verlegte
sich, um seine classische Bildung zu voll-
enden, mit allem Eifer auf das Studium
der griechischen Sprache, und nachdem
er entsprechendere Fortschritte in dersel-
ben gemacht, unternahm er eine Reise
nach Griechenland und den griechischen
Inseln, um die herrlichen Gegenden des
classischen Alterthums mit eigenen Augen
zu sehen. Die Rückreise schlug er über
Italien ein, hielt sich in den größeren
Städten der Halbinsel längere Zeit auf
und wurde von den gelehrten Gesellschaf,
ten in Florenz und Cortona in den Schoß
ihrer Mitglieder aufgenommen. Nach
seiner Heimkehr beschäftigte ihn vor
Allem der Gedanke, in Mähren die Wis.
senschaften in Aufnahme zu bringen, durch
dessen Ausführung noch in der Gegen»
wart die Segnungen fühlbar sind. I n
keinem Lande der Monarchie wie eben
in Mähren machte sich zu einer Zeit, als
noch die übrigen Provinzen halb im
geistigen Schlafe lagen, ein solch reges
Treiben für geistiges Schaffen und Wir»
ken kund; eS war der in Blüthe geschos«
sene Samen, den Petrasch gelegt und
der nachgerade auch gute Früchte trieb.
Zuerst vereinigte P. gleichgesinnte. EdleS
wollende Manner um sich und bildete
auS denselben eine gelehrte Gesellschaft,
die den bescheidenen Titel.-, Die Unbekann-
ten" führte. Das Notizenblatt der histo»
risch.statistischen Section in Mähren fter»
gleiche die Quellens theilt die Statuten dieser gelehrten Akademie, der ersten
deutschen in den kaiserlichen Erblanden,
mit. Jedoch die von Petrasch gegrün«
dete gelehrte Gesellschaft war nicht von
langer Dauer, einzelne Mitglieder ließen
in ihrem Eifer nach, wieder andere ver»
änderten ihren Aufenthalt, ja d'Elvert
schreibt ausdrücklich: „Die Gesellschaft
und ihr Journal erlagen schon nach we»
nigen Jahren dem Neide, der Mißgunst
und Umtrieben", und auch Petrasch,
als er feine guten Absichten vereitelt sah,
vertauschte seinen bisherigen Aufenthalt
Olmüh mit seinem Gute Neuschloß im
H radischer Kreise, auf welchem er seine
übrigen Lebensjahre in Beschäftigung mit
wissenschaftlichen Studien verlebte. Noch
einmal sollte er zur Theilnahme an einer
ähnlichen Aufgabe, wie er solche mit der
Gründung der Gesellschaft der Unbe«
kannten in Olmütz versucht hatte, auf»
gefordert und zur Mitarbeiterschaft be«
wogen werden. Gottsched in Leipzig
hatte im Jahre 1743 die erste Anregung
zur Gründung einer Akademie der Wis>
senschaften in Wien gegeben nach dem
Vorbilde der von Richelieu gestifteten
^.02.6.685.16 kr2.nyHik>6 und einen Entwurf
feines Planes dem damals im hohen
Ansehen stehenden Minister Friedrich
Wilhelm Grafen von Haugwih über»
schickt. Der Graf fand die Idee, wie sie
Gottsched entwickelt, unausführbar,
war aber keineswegs gesonnen, dieselbe
fallen zu lassen. Aus diesem Grunde
forderte er den seiner wissenschaftlichen
Bestrebungen wegen damals allgemein
gewürdigten Freiherrn von Petrasch
auf, den Entwurf einer in Wien zu
gründenden Akademie der Wissenschaften
auszuarbeiten. Freiherr von Petrasch
kam dieser Aufforderung auch in der
That nach und sandte den von ihm ver«
langten Entwurf ääo. Olmütz 6. Jänner
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon