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Pfeiffer 170 Pfeiffer
lichen Professor der deutschen Sprache
und Literatur an der dasigen Hochschule
ernannt wurde. Hier wirkte er als Nach»
jolger Hahn's durch eine Reihe von
44 Jahren als Germanist. Er war mit
Holz mann das Haupt jener schwabi«
schen Germanistenschule, die im heftigsten
Antagonismus zu der norddeutschen so«
genannten Lachm ann'schen Schule steht.
Bekanntlich gab das Nibelungenlied zu
diesem literarischen Zwiespalt Veranlas«
sung. Während die Lachmannianer be-
Häupten, das erwähnte EpoS sei gleich
der Ilias aus verschiedenen Volksliedein
zusammengestellt,' betrachtet die Holz-
manN'Pfeiffer'sche Partei das Nibelun-
genlied als das Werk eines einzigen
Dichters. Nachdem sich P f e i f f e r schon
in Stuttgart an der Herausgabe der
«Deutschen Dichter deS Mittelalters" be.
jheiligt hatte, gründete er Anfangs 4836
die „Germania", eine Vierteljahrsschrift
für deutsche Alterthumskunde, in deren
43 Jahrgängen, eine Fülle von gelehrten
Artikeln über diesen interessanten Gegen«
stand enthaltetr ist. Die meisten dieser
Artikel entflossen seiner Feder. Pfeiffer
ist feiner in der literarischen Welt als
derHerausgeber von U h la nd's „Schrif.
ten zur deutschen Literatur" bekannt,
während er endlich Mitglied jener Corn«
misfion war, die sich mit Herausgabe der
ältesten österreichischen Weisthümer be>
schaftigt. Seit 17. November 4860 war
er Mitglied der Akademie, in deren
Denkschriften und Sitzungsberichten sich
zahlreiche Arbeiten von ihm zerstreut
finden. ^Die vollständige Uebersicht der
von Pfeiffer herausgegebenen Werke
und von ihm veranstalteten Ausga«
ben alter deutscher Schriften folgt auf
S< 171). Außerdem war Pfeiffer
Meister des freien HochstisiS in Frank«
fürt a. M., sowie Mitglied der bayeri» schen Akademie der Wissenschaften in
München und der historischen Vereine in
Bamberg. Basel. Halle, Poitiers. Würz.
bürg, Zürch, Berlin. Leyden u. s. w.,
Mitglied der k. k. wissenschaftlichen Prü«
fungs'comMission für Lehramts-Candida.
ten. Pfeif fer war zweimal« vermalt,
beide Male mit Stuttgarterinen. Die
erste Ehe blieb kinderlos, der zweiten
entstammen zwei Knaben, als er starb,
im Alter von zehn bis zwölf Jahren.
Die Witwe, die er hinterläßt, ist
eine Verwandte jener beiden Stuttgar»
ter Kupferstecher Johann Gotthard
und Friedrich Mü l le r , wovon der
Letztgenannte der Kunstwelt einen der
allerprachtvollsten Kupferstiche schenkte:
„Die Sixtinische Madonna", nach Ra»
phael aus der Dresdener Gallerie. P.
starb eines plötzlichen Todes; während
eines Spazierganges im Stadtparke wurde
er an der Seite seiner Gattin durch einen
Schlagfiuß dem Leben entrissen. Er zählte
erst 33 Jahre. Einige Worte aus dem
Nachrufe, den ihm ein noch lebender
deutscher Sprachforscher. Karl Ba rtsch,
im ecsten, nach Pfeiffer'S Tode erschie-
nenen Hefte der einst von ihm gegründe»
ten „Germania" widmet, bezeichnen so
treffend die Stellung deS Verblichenen
in der Gelehrtenwelt und schildern so
klar sein Wirken, daß sie hier eine pas-
sende Stelle finden. Bartsch schreibt:
„Was die Schrift von dem Menschenleben
so schön sagt:,Wenn'S gar köstlich gewe«
stn ist, so ist'S Mühe und Arbeit gewe»
sen", das sindet seine vollste Anwendung
auf Franz Pfeiffer'S Leben und Schaf,
fen. Mit der Noth deS Lebens ringend,
lernte er frühe jene Energie und Kraft
deS Wollens erwerben, die ihn auszeich-
nete. die ihm bald eine geachtete Stel«
lung in der Wissenschaft wie in der Welt
verschaffte. Ein rastloser, unermüdeter
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon