Seite - 180 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
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Pftiffer 18ft Pfeiffer
Kindern kaum etwas mehr als trockenes
Brot zum Mittagessen vorzusetzen hatte!
Allerdings hätte ich bei meiner Mutter
ooer meinen Geschwistern Unterstützung
suchen und finden können; allein dage»
gen empörte sich mein Stolz. Jahrelang
kämpfte ich mit der Noth und uerheim»
lichte meine Lage; oft war ich der Ver»
zweiftung so nahe, daß mich nur noch
der Gedanke an meine Kinder aufrecht
erhielt. Endlich brach das Uebermaß dcr
Leiden meinen Sinn und ich nahm ver»
schiedöne Male die Hilfe meiner Brüder
in Anspruch." Durch den Tod der Mutter
j l83l) gelangte I d a wieder zu einem
kleinen Vermögen, das sie zunächst zur
Erziehung ihrer beiden Söhne verwen»
dete. 1838 siedelte fie nach Wien über,
während ihr Mann durch die Gewöhn»
heit und die Liebe zu einem Sohne erster
Ehe in Lemberg festgehalten wurde. Von
Zeit zu Zeit kam er nach Wien. um feine
Frau und Kinder zu sehen. Bei einer
Reise, welche Ida Pfeiffer mit ihrem
jüngeren Sohne nach Trieft machte, um
denselben dort Seebader nehmen zu las»
sen, sah sie zum ersten Male das Meer.
Der Eindruck, den die See auf sie
machte, war überwältigend. Eine kaum
zu bewältigende Reiselust erwachte in ihr,
und gern hätte sie das erste Schiff be»
stiegen, um hinauszufahren in das uner»
meßliche, geheimnißvolle Meer. Nur die
Pßicht gegen ihre Kinder hielt sie zurück;
doch suhlte
sie sich glücklich, als sie Trieft
wieder verlassen konnte und der Karst
zwischen ihr und der See lag; denn die
Sehnsucht nach der weiten Welt hatte in
der Seestadt wie ein Alp auf ihrer Brust
gelegen. Als sie wieder nach Wien in
ihr ruhiges Alltagsleben zurückgekehrt
war. beschäftigte sie fortwahrend der
Wunsch, daß sie so lange bei Kraft blei«
dön möge, bis ihre Söhne selbstständig und auf das eigene Wissen gestützt, sich
in der Welt bewegen könnten. Dieser
Wunsch ging in Erfüllung. Ihre Söhne
wuchsen kräftig heran und wurden in
ihrem Berufe wackere Männer. Die voll.
endete Erziehung und gesicherte Stellung
beider gab Ida Pfei f fer wieder sich
selbst und ihren Reisegedanken zurück.
Das alte Project, die Welt zu sehen,
tauchte neuerdings auf und fand nun in
den Gründen der Vernunft und Pflicht
keinen Widerstand mehr. Viel beschäftigte
sie die Idee, wie sie allein eine größere
Reise ausführen werde — denn allein
mußte sie reisen, da ihr Mann schon zu
alt war, um die Strapazen eines der»
artigen Unternehmens zu ertragen, und
die Söhne ihrem Berufe auf längere Zeit
nicht entrissen werden konnten. Auch die
Geldfrage gab viel Stoff zum Nachden-
ken. Die Länder, welche sie besuchen
wollte, hatten weder Gasthöfe noch Eisen«
bahnen, durch deren Abwesenheit der
Reisende, zu viel bedeutenderen Ausga»
ben genöthigt ist, da er AlleS, dessen er
bedarf, mit sich führen muß. Und über
viel Geld hatte Ida Pfeif fer, nach.
dem sie einen Theil ihreS mütterlichen
Erbes zur Erziehung ihrer Sohne ver«
wendet, nicht zu verfügen. „Doch war
ich bald über diese wichtigen Puncte mit
mir einig", schreibt sie in ihrem Tage»
buche. „Was den ersten anbelangt, daß
ich als Frau allein in die Welt hinaus
wollte, so verließ ich mich auf meine
Jahre (ich zahlte deren schon 45), auf
meinen Muth und auf die Selbstständig-
keit, die ich in harter Schule des Lebens
erlangt hatte, als ich nicht nur für mich
und meine Kinder, sondern auch mitunter
für meinen Mann sorgen mußte. I n Be«
treff deS Geldpunctes war ich zur größ-
ten Sparsamkeit entschlossen. Unbequem-
lichkeiten und Entbehrungen schreckten
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon