Seite - 221 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
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im St. Wenzels-Seminar Aufnahme und
hörte zu gleicher Zeit an der Prager
Hochschule Philosophie, dann Theologie
und zum Theile auch die Rechte. Im
Jahre 1762 erhielt er an der Haupt«
Pfarrkirche am Thein eine Anstellung als
erster Chorgeiger und nahm zu gleicher
Zeit selbst Unterricht im Contrapuncte
bei dem berühmten Capellmeister Joseph
Segert. Im Jahre 1764 folgte er
einem Rufe des kunstliebenden Bischofs
von Großwardein. Patachich Md. XXI,
S. 341), als Vicedirector seiner Capelle.
wo er in den Nebenstunden sich mit der
Abfassung mehrerer lateinischer Operetten
beschäftigte, als: „
u. m. a., wozu er
selbst und der bei dem Bischöfe als erster
Capellmeister angestellte Dit tersdorf
>M. I I I , S. 31H die Musik componirte.
Nachdem er im 1.1769 einen Ruf als Mu>
fikdirector nach St. Petersburg abgelehnt,
nahm er einen ähnlichen Posten bei Louis
Grafen Har t ig an, ging zwei Jahre
später als erster Violinist zum k. k. Natio-
nal'Theater in Wien. in welcher Stel>
lung er verblieb,' bis ihn im Jahre 1778
die Kaiserin Mar ia Theresia, nach«
dem ste seine musikalischen Talente ruh»
men gehört, zum Mufikdirector für den
Erzherzog Ferdinand Este, damali»
gen Gouverneur und General»Capitän
der Lombardie ernannte. 21 Jahre be«
kleidete P. dieses Amt in Brüssel und in
Mailand und hatte wahrend dieser Zeit
Gelegenheit, nicht nur mit den ersten
Componisten jener Zeit, welche in Ita»
lien lebten oder dahin kamen, bekannt zu
werden, sondern auch die merkwürdigsten
Städte der Halbinsel, als Rom, Neapel,
Florenz, Mantua. Parma, Venedig, Fer-
rara u. a. kennen zu lernen. Als die
Franzosen im Jahre 1796 in der Lom« bardie einfielen, kehrte P. im Gefolge
des Erzherzogs Ferdinand nach Wien
zurück. Seit seiner Rückkehr arbeitete P.
sehr fleißig, sowohl in Kammer- als Kir.
chenmusik. und brachte mehrere große
Werke, unter anderen ein I'o Dsuui und
eine solenne Messe, zur Aufführung,
welche am 22. September 1799 von der
italienischen Nation in Wien zur Dank»
sagungsfeier für die Räumung Italiens
von dem Feinde in der dasigen italieni«
schen Kirche von 180 Tonkünstlern mit
großem Beifalle veranstaltet wurde. 3loch
einmal, im Jahre 1892, besuchte er mit
seiner Tochter, die eine ausgezeichnete
Sängerin und am Hofe der Herzogin
von Parma, Erzherzogin Maria Ama«
lia, als Kammerfrau angestellt war,
seine Heimat Böhmen, dann kehrte er
nach Wien zurück, wo er im Juni 1894,
während eines Concertes, das er bei Io«
seph Fürsten Zobkowitz spielte, am
Schlagstuffe im Alter von 63 Jahren
starb. Die philharmonische Gesellschaft
in Mantua hatte P. im Jahre 1779,
jene von Bologna im Jahre 1782 das
Diplom eines ordentlichen Mitgliedes
zugesendet. Einen zweiten Antrag, der
ihm im Jahre 1782 von Seite des russi«
schen Hofes als Capellmeister mit ansehn-
lichem Gehalte gemacht worden, hatte
P., der damals noch in Italien war,
auch abgelehnt, weil er nicht den milden
Himmel Italiecks mit dem rauhen nordi-
schen Klima vertauschen mochte. Die
Zahl seiner meist in Amsterdam und
Lyon gestochenen Werke beträgt im
Ganzen 43 Nummern; außerdem hat er
abernocheinegroßeAnzahl Kompositionen
während seines Dienstes bei dem Bischöfe
Patachich in den Jahren 1764—1769,
dann während seines mehr als zwanzig«
jährigen Aufenthaltes in Italien in den
Jahren 1776—1796 und nach seiner
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon