Seite - 318 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
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Verhältnisse und Einsicht in Allem, was
zunächst noth that, mit, welche ihn bald
an die Spitze der Bewegung stellte, so
daß nichts unternommen oder in Antrag
gebracht wurde, wo er nicht thätig gewe»
sen oder zu Rathe gezogen worden wäre.
Im Reichstage zu Kremfier war er ein
eifriger Redner und stand auf Seite jener
liberalen Partei, die ein nach innen er<
starktes, nach außen Achtung gebietendes
Oesterreich wollten und ebenso dem stur»
mischen Andrängen der Radicalen, wie
den retrograden Gelüsten der Feudalen
und Clericalen Widerstand boten. Ein
freier Mann seiner unbeugsamen Neber»
zeugung. strebte er nicht nach Erlangung
eines hohen Regierungspostens, sondern
zog sich. nachdem der Reichsrath aufgelöst
worden war und die folgenden Begeben-
heiten den Strom der Bewegung nvch
rückwärts gestaut hatten, von jeder
öffentlichen Thätigkeit zurück und betrieb
wie zuvor sein Advocatengescdäft. Kaum
aber hatte — nach der ersten Katastrophe
im Jahre 4839, als der Kaiserstaat den
vereinten Angriffen Italiens und Frank»
reichs nicht gewachsen, die 3ombardie
verlor — eine neue freiheitliche Entwicke»
lung in Oesterreich begonnen, als auch P.
wieder sich einfand und ein thätiger Käm-
pfer für die Fortbildung der Verfassung
wurde. Schon fingen die Keime des glück«
licherwcise fast erloschenen Nationalitäten«
Haders von Neuem zu wuchern an. P. ver«
hielt sich inmitten dieser haarsträubenden,
die eigentliche freiheitliche Entwickelung
gewaltsam niederhaltenden Situation ver«
mittelnd; der gemäßigten deutschen Partei
angehörend, trat er jedem Ansinnen, das
eine Ungerechtigkeit gegen die öechen
bezweckte, entschieden entgegen, obwohl
er für sein ebenso kluges als humanes
Verhalten von Seite der oechischen Partei
keinen Dank erntete, ja dem „Mroä" gebührt das seltene Verdienst, die noch
kaum erkaltete Leiche des wackeren Volks«
Vertreters in einer Weise beschimpft
zu haben, daß sogar ein Nationaler.
Dr. Gal ler , von diesem Angriffe auf
den Verstorbenen den Ausspruch that.
„er habe auf ihn den Eindruck gemacht,
als wenn er wilde Huronen den Sieges»
tanz auf dem Grabe des gefallenen Fein«
des aufführen sähe". Eine besonders
fruchtbringende Thätigkeit entfaltete P.
als Beisitzer im 3andesausschuffe, wo er
vorzugsweise die finanziellen Angelegen»
heiten bearbeitete. Einer seiner Biogra»
phen bemerkt in dieser Hinsicht: „ Im
Landesausschuffe ist P. eine wahre Perle.
Seine Thätigkeit, sein Eifer und sein
maßloser Fleiß haben ihn zu einer Stütze
des LandesausschuffeS als Behörde ge«
macht und sein Votum in der Berathung
gibt sehr häufig den Ausschlag." Sehr
wesentlichen Antheil nahm P. ferner an
dem Zustandekommen der böhmischen
Hypothekenbank. Zugleich versah er die
Intendanz des deutschen Landestheaters,
dann das Referat über die Grundent-
laftungsangelegenheiten und über di»
Landescafsen. Von nachhaltiger, einftuß«
reicher Wirksamkeit war seine publi»
cistische Thätigkeit, die er freilich, da
es sich dabei um die Sache und nicht um
die Person handelte, jahrelang unter der
schützenden Maske der Pseudonymität
ausübte. Schon vor dem I . 4848 war
er ein fleißiger Korrespondent der von
Ignaz Kuranda begründeten, in Leipzig
erscheinenden „Grenzboten", des einzigen
Blattes, in welchem man im Vormärz seit
Jahren die volle Wahrheit über und aus
Oesterreich erfuhr. Pinkas schrieb darin
unter verschiedenen Namen (z. B. Hrad«
schiner) und Chiffern. P. war seit
1826 mit Karo l ine, einer Tochter des
Generals Freiherrn von Schau roth,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon