Seite - 406 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
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und Petnau. wohl an zehn verschiedenen
Orten als untergeordneter Priester, bis
er endlich auf die Expositur Ierzens ver-
setzt wurde. ViS dahin wahrt der freund«
liche Abschnitt seines Lebens, nun aber
tritt eine Wendung in demselben ein,
welche sich allmälig zu einer höchst aben-
teuerlichen Verwicklung steigert, wofür
eS keinen nur einigermaßen annehmbaren
Erklarungsgrund gibt. I n Ierzens brach
4826 daS Uebel offen aus. daS ihn von
nun an zu einem Räthsel für die Leute
machte. Er wollte „Kränkuugm bis zum
Wahnsinn" erlitten haben, worin diesel«
ben bestanden, konnte man nie erfahren.
Im Jahre 1823 trat er zeitweilig ganz
aus der Seclsorge und privatisirte in
Zirl. Eine Unbesonnenheit, die er sich zu
Schulden kommen ließ, veranlaßte, daß
er, nach Briien berufen, zur Verantwor«
wng gezogen wurde. Die Verhandlung
endete damit, daß man ihn im Juli
1831 in das Irrenhaus zu Hall abgab.
Aus demselben wurde er nach zwei Iah-
ren entlassen, worauf er nach Zirl, ohne
in der Seelsorge verwendet zu werden,
zurückkehrte. Er wurde für geisteskrank
angesehen. I n Zirl verlebte er in einem
überschwenglichen Naturgenuß die Jahre
bis 1839. Im Frühlinge letztgenannten
Jahres liefen nene Klagen über ihn ein.
in Folge deren er wieder nach Brixen
zur Verantwortung geladen wuide. Seine
Bitte, fich vor dem Decan in Innsbruck
verantworten zu dürfen, wurde ihm g^
währt, und dieser überredete ihn, frei-
willig nach Briren zu gehen und sich als
Geisteskranken behandeln zu lassen. P.
ließ fich nach Brixen führen, erfuhr da-
selbst eine schonende Behandlung, welche
die besten Früchte zu tragen schien, als
er eines Tages Anfangs Juli plötzlich
verschwand. Er war in seine Heimat in
die ihm so lieb gewordenen Gebirge dei> selben geflohen und lcbte dort wie eil?
Wilder. Mitleidige Seelen schickten ihm
dann und wann eine Speise. Spater e»
baute er sich eine Hütte, in der er wohnte.
Versuche seiner Vorgesetzten, ihn zu einer
anständigen Lebensweise zurückzubringen^
blieben erfolglos. Endlich wandten sich
diese an die politische Obrigkeit, die den
bedauernswerthen Sonderling aus dein-
Gebirge abholte, in welchem er über drei
Monate zugebracht hatte, und ihn nach
Brixen an die Krankenanstalt ablieferte.
Sein Aufenthalt daselbst dauerte über
zwei Jahre. I in Jahre 1842 schien er so-
weit hergestellt, daß er, wie eS sein eigener
Wunsch war, wieder in die Seelsorge treten
konnte. Er erhielt eine Stelle in Bruneck.
Aber nach wenigen Monaten war er
bereits mit allen seinen Verhältnissen
und seiner Umgebung völlig überworsen.
Nach Brixen zurückgebracht zu werden
fürchtete er, und so faßte er die abenteuer»
liche Idee. durch und nach Amerika zu
gehen. Er machte sich auch wirklich auf
den Weg, karn auch über Mainz in's
Württembergische, kehrte aber dann nach
mannigfachen Erlebnissen, die fein Bio»
grafth erzahlt, wieder zurück und lebte
von nun an mehrere Jahre friedlich,
theils zu Zams. theils zu Fließ. Von
dort übersiedelte er im Sommer 4846
nach Briren, wo er durch und durch aber
ein gutmüthiger origineller Sonderlinge
bis an sein im Alter von 63 Jahren
crfolgteS Lebensende verblieb. Dieses
ungewöhnliche und bewegte Leben wäre
es noch immer nicht, was ihm eine Stelle
in diesem Werke einräumte, aber P. war>
wie es aus seinen Aufzeichnungen erhel»
let, eine geniale hochpoetische Natur.
Sein Biograph, der Erbe seines Hand«
schriftlichen Nachlasses, theilt größere
Abschnitte aus seinen eigenhändigen Auf«
zeichnungen und eine ziemlich ansehnliche
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon