Seite - 437 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
Bild der Seite - 437 -
Text der Seite - 437 -
Pleyel 437 Pleyel
Knabe schickte ihn der Vater nach Wien,
wo er bis in sein fünfzehntes Jahr bei
W an hal l Klavierunterricht hatte. Nun
(im Jahre 1772) nahm ihn der unga«
rische Graf Erdödy in seinen besonde«
ren Schutz und gab ihn zu Joseph
Haydn als Schüler und Kostzögling
in's Haus. Bis zum Jahre 1777 blieb
P. unter dieses großen Meisters Leitung,
unter welcher er bedeutende Fortschritte
in der Kunst machte. Nun ernannte ihn
Graf Erd ödn zu seinem Capellmeister,
und nachdem er mehrere Jahre in seinen
Diensten gestanden, erfüllte er die Sehn»
sucht des jungen Künstlers: auf Reisen
zu gehen und gab ihm die erforderlichen
Mittel dazu. Zunächst besuchte P. Ita«
lien und hielt sich in den bedeutenderen
Städten der Halbinsel bald längere, bald
kürzere Zeit auf, setzte fleißig seine musi«
kalischen Studien fort und machte mit
den vorzüglichsten Meistern Bekanntschaft.
I m Jahre 1781 war er wieder nach
Wien zurückgekehrt, blieb aber nur kurze
Zeit daselbst, worauf er neuerdings eine
Reife nach Italien unternahm, dort bis
zum Jahre 1783 zubrachte und nun einer
Berufung nach Siraßburg folgte, um
den alt und hinfällig gewordenen Capell-
meister Franz Xaver Richter als Capell.
meister»Adjunct am Münster in seinem
Geschäfte zu unterstützen. Bereits damals
war sein Name durch verschiedene In>
strumental'Composttionen, insbesondere
Quartette, vortheilhaft bekannt; jetzt in
seiner neuen Stellung schrieb er auch
Diele Kirchenmusiken, die großen Beifall
fanden, aber sämmtlich in einer Feuers»
brunft zu Grunde gegangen sind. Als
Franz Xaver Richter im September
1791 starb, wurde P. als wirklicher
erster Capellmeister am Münster sein
Nachfolger. Noch zu Ende desselben
Jahres erhielt P., dessen Künstlerruf sich immer mehr und mehr verbreitete,
eine Einladung, nach London zu kommen
und für das dortige Professional«Concert
einige Symphonien zu componirm. P.
folgte dieser Einladung, seine Compo»
fitionen gefielen ungemein, was etwaö
bedeuten wollte, zu einer Zeit, in welcher
sein eigener Lehrer Haydn in London
die größten Triumphe feierte. Nun kehrte
er nach Straßburg zurück und lebte da»
selbst auf seiner nahe gelegenen Besitzung
Dorlisheim seinem Berufe und seinen
musikalischen Arbeiten. Die Wirren der
Revolution scheuchten nun auch P. aus
seiner Ruhe auf; von den Fanatikern ver«
dächtigt, der Partei der Aristokraten anzu«
gehören und zu verschiedenen Malen
bereits bedroht, muhte er, wenn er nicht
das Aergste befürchten wollte, flüchten;
sein Amt am Münster hatte er durch die
von der Revolution decretirte Aufhebung
des katholischen Cultus ohnehin verloren.
Um seine Familie wieder zu sehen, wagte
sich P. aus seinem Verstecke, schlich sich
auf seine Besitzung zu den Seinigen,
wurde aber entdeckt, ergriffen und vor
die Straßburger Municipalbehörde ge«
führt. P. gab sich nun dort alle Mühe,
seinen echten Bürgersmn zu beweisen,
man glaubte ihm aber nicht eher, als
bis er einwilligte, eine Musik zu einer
Cantate zu componiren, deren Text von
einem Septembrifeur verfaßt und welche
zur Feier des 19. August bestimmt war.
P. vollendete richtig in Hast und
unter Aufsicht . die Composition, sie
wurde im Münster aufgeführt und
machte einen großartigen Eindruck. Unter
anderen Mitteln, mit seinem Tonstücke
zu wirken, bediente sich auch P. des
folgenden, daß er sieben abgestimmte
Glocken, welche verschiedenen Ltraßbur«
ger Kirchen abgenommen waren, darin
angebracht hatte. Näheres darüber siehe
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon