Seite - 22 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Podlaha-Prokesch, Band 23
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Poschl 22 Poschl
den 31. März 1817. nachdem Joseph
HaaS mehrere Menschen gereinigt hatte,
sprach er zu ihnen: „Brüder, nun müssen
wir auch meinen Nachbarn Georg N ä h»
Hammer und dessen Weib imd Tochter
reinigen, sonst gehen mir diese drei See»
len verloren". Und so verfügten sie sich
an des Nachbars HauS, brachen mit
Gewalt ein und Haas' Tochter Fran>
ziska schlug die Bäuerin mü einer Hacke
todt; ihr Gatte und die Tochter sanken
ebenfalls unter dm Streichen zusammen
und starben nach einigen Tagen. Nach
dieser entsetzlichen That kehrten die
Wahnsinnigen wieder in die Wohnung
von Haas zurück, wo die Pöschlianer
eine Zusammenkunft hielten. Wieder
sprach Haas zu ihnen: „Brüder! Heute
ist die Gnadenzeit und der Herr verlangt,
daß diese Nacht noch ein Schlachtopfer
gebracht werden soll". Anna Maria
Einzinger, ein junges Mädchen auS
Würmetsöd, bot sich sogleich als dieses
Opfer an, „denn", sagte sie, „in drei
Tagen werde ich wieder glorreich aufer»
stehen!" Haas schnitt ihr darauf meh>
rere Finger ab, verstümmelte sie mit
einer Holzhacke von unten auf und gab
ihr zuletzt einen Streich über den Kopf,
der sie tödtete. „Das Mädchen", sagt
unser Manuscript, „war ruhig knieen
geblieben, nur die Worte: „Maria, hilf
mir!" lamen über ihre Lippen. Alle
Anwesenden standen wie versteinert um<
her, denn HaaS hatte ihnen befohlen,
sich still zu verhalten, weil sonst der
Teufel über sie Gewalt bekäme. Haas
wurde immer wüthender; das Weiße in
seinen Augen war braunroth geworden
und er schickte sich an, noch Andere aus
der Versammlung zu schlachte'n. Da rief
Anna Kienast, Bäuerin von Obersals.
bach, an welche die Reihe hätte kommen
sollen: „Vater, hilf mir! HaaS ist ein Mörder!" Ueber diesen Angstschrei er»
wachte ihr Vater wie auS tiefer Betau»
bung, fiel dem Mörder in die Arme und
entriß ihm die Hacke". Diese unerhörten
Vorgänge wurden rasch bekannt. Der
Pfarrer Göh sendete Eilboten an das
Landgericht in Vöcklabruck; eS wurde
Militär aufgeboten. Das Gericht trat in
die Stube, nachdem Haas mit einer
Schlinge gefangen worden war; der .
Leichnam des Mädchens lag noch da in
seinem Blute und die noch anwesenden
Pöschlianer „lagen wie erstarrt-auf dem
Boden oder saßen regungslos auf den
Bänken. Gefragt, gaben sie feine Ant»
wort; wollte man sie aufrichten und auf
die Füße stellen, so fielen sie wie ein
Stück Holz um. Ts war keine Verstel«
lung, das Tntsetzen über die eigene That
hatte sie starr gemacht." Haas wurde
mit ihnen fortgeführt. Alle stimmten un>
aufhorlich die Rufe an: „Jesus steh uns
bei! Maria verlasse uns nicht!" Auf
halbem Wege wollten sie nicht weiter
gehen, sie überfielen die Escorte, die sich
gezwungen sah, unter sie zi: feuern. <3s
stürzten Einige zu Boden. Der Bann,
der durch Pöschl'ü Fanatisirung auf
ganzen Dorfbevölkerungen seit einigen
Jahren gelastet, war gelöst. Schon
in den nächsten Tagen kamen Viele
reumüthig zu ihren Ortspfarrern und
baten um Gnade und Versöhnung.
Man zählte im Ganzen 126 Pöschlianer.
Die wegen begangener Mordthat im
Kerker befindlichen Pöschlianer wurden
wegen Mangel an bösem Vorsatz vom >
Verbrechen freigesprochen, blieben aber ^
wegen ihrer gefährlichen Grundsätze im
Arreste unter geistlicher Aufficht, bis sie
Beweise ihrer vollkommenen Sinnes»
änderung abgelegt hatten und keine Ge>
fahr von ihnen mehr zu befürchten war. ,
Poschl, der nicht zu bekehren war, ...
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Band 23
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Podlaha-Prokesch
- Band
- 23
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon