Seite - 85 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Podlaha-Prokesch, Band 23
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Poüet Pollet
bewahrte P., nicht nur die Dynastie vor
unnügem Blutvergießen, sondern auch
vor den schrecklichen, unabsehbaren Fol
gen eines Schuffes, der zwar Hunderte
niederschmetternd, am Ende aber doch
eine ganz andere Wirkung als die beab»
sichtigte hätce haben können. P o l l et
war nun der Mann des Tages, wurde
in Wort, und Zied gefeiert. Aber dieser
Glorienschein seiner mannhaften That
war nur von kurzerDauer. Wohl war in
Anbeginn alles gut. P. wurde nach dieser
Katastrophe außer der Tour im April
1848 zum Lieutenant im 1. Artillerie.
Regiment befördert, aber von Wien nach
Prag übersetzt. Von Prag marschirte er
dann mit einer Kavallerie-Batterie in den
ungarischen Feldzug.und wurde für her.
vorragende Leistungen mehrmals belobt.
Im Jahre 4834 wurde er sogar Haupt»
mann, allein die vielen Verfolgungen und
Kränkungen, die er ob seines Benehmens
vom i3. März 4848 zu erleiden hatte,
auch das geringschätzende Benehmen einer
gewissen Clique unter den Officieren, und
der Umstand, daß er mehreremale zu ho>
heren militärischen Auszeichnungen, auf
die er als ebenso tapferer wie geschickter
Officier gerechten Anspruch hatte, wohl
vorgeschlagen worden, aber keine dersel»
ben erhielt, sondern mit dem Militärver-
dienstkreu; abgefertigt wurde, brachten es
dahin, daß er fast dem Wahnsinn nahe
im Jahre 1860 in Pension gehen mußte.
Er lebt nun, wie eS heißt, dem Trübsinn
verfallen, zurückgezogen, im Kreise der
Seinigen, welche es sorgfältig vermeiden,
der Achtundvierziger Ereignisse in seiner
Gegenwart mit einer Silbe zu gedenken.
Reschauer (Heinrich), «Das Jahr <848, Ge<
schichte der Wien« Revolution" (Wien.R. u.
Waldheini..4°.) S. 308.- „Oberfeuerwerker
Pollct, der militärische Held dec Märzreoo»
lution". — Meyer ( I . ) , Das große Con>
versations'Lerikon für die gebildeten Stände (Hildbuighausen, Vibl, Inst,, gr. 8°,) Zweit«
Abtheilung, Bd. IV, S. 363. — Hir ten,
feld ( I , ) , Oesterreich!scher Soldatenfreund
(Wien. 4».) 1880, S. l?l u. l?,2,) — Pgrtröl.
Holzschnitt in H, Reschauer'S „Das Jahr
1848", auf S. 263, ohne Angabe des Zeichners
(Kriehuber?) und Xylographen; ebendaselbst
auf S. 2?3 ein Villl! „Oberfeuerwerker Pol .
l e l" weigert sich, die Kanonen abfeuern zu
lassen", nach Zeichnung von Katz ler .
Außerdem erschienen noch mehrere Darstel.
lungen dieses denkwürdigen Ereignisses in
Wort und Bild in jenen Tagm selbst. —
Noch ist d?S in seiner Art denkwürdigen
letzten Weinbauers von Kaaden in Böhmen,
Johann Polet, der nebstbei ein nicht klei<
ner Sonderling war, zu gedenken. Die Zeit
seiner Geburt fallt in das letzte Viertel deü
18. Jahrhunderts. Im Jahre 1803 kaufte P.
ein etwa vier Joch großes Grundstück mit
felsigem Voden und ziemlich jäher Abdacknng,
das hinter dem Franziskanerklofter in Kaaden
lag. Dort führte ei mit großen Kosten und
Ueberwindung nicht geringer Schwierigkeiten,
Erde auf, errichtete Scarpen und pflanzte
nun zwischen den Scarpen und auf dem
Abhänge die Weinreben, Um gute Reben-
sorten zu erhalten, machte er seihst weite
Reisen. Auch beobachtete P. eine eigene
Manipulation, um größere und «ollere Trau.
ben zu erzielen. Zur Zeit der Lcse sortirte
P. auf das Sorgfältigste die Neben, daher
die Lese, bei der i»i Durchschnitte jährlich
20—40 Eimer erzielt wurden, l4 Tage
dauerte, dabei verkaufte er Niemandem eine
Traube, auch nie einen Most, aller gepreßte
Saft wurde der Nahrung unterzogen. So nahm
er jährlich über Tausend Gulden für Wein
ein, Ve! seinem Tode fanden sich 40 Eimer im
Keller uor, wouon das Seidl mit 48 tc. be.
rechnet wurde. Nach seinem Tode ging — leider
— der Weinbau in Kaaden ein, Ueberdieß war
P ein eigenthümlicher Charakter. Cr glaubte
an eine Seelenwanoerung,- deßhalb behandelte
er auch sein Pferd, das übrigens guter Art
war, sehr wohlwollend, indem er sich für
überzeugt hielt, daß in ihm die Seele eines
sehr weisen Mannes wohne. Punct 11 Nhr
Mittag wurde es jeden Tag von seiner Ar<
beit entlassen. Da er alle Ursache zur Be>
sorgniß hatte, uo» Dieben besucht zu werden,
Hütte er gegen dieselben sehr uiele uerschie»
dcnartige Vorkehrungen getroffen. Die Fenster
seiner Wohnung waren so klein, daß vor
denselben nur eine einzige Glasscheibe genügte.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Band 23
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Podlaha-Prokesch
- Band
- 23
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon