Seite - 118 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Podlaha-Prokesch, Band 23
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Porcia
weiter nach der Herrschast des Fürsten,
nach SenoZetz in Krain, um seinen
Lehrer den dortigen Verwalter, der auf
dem Todtenbette lag. noch einmal zu
sehen, welcher ihm die Briefe von dem
Tafeldecker des Fürsten, der hauptsächlich
die Abneigung desselben gegen den
jüngern Bruder schürte, übergab. Nach»
dem er den Freund und Erzieher begra»
bm, sehte er seine Reise über Gonobitz,
seinem Geburtsorte, nach Gratz fort, wo
er ein Schreiben seine« Bruders vorfand,
welches ihm eine gänzliche Aussöhnung
mit demselben hoffm ließ. Nachdem P.
seinem Bruder Joseph geschrieben, war<
tete er lange vergeblich auf eine Antwort,
bis er durch einen Bekannten die Nach«
licht erhielt, Fürst Joseph liege in seinem
Schlosse Spital in Karnthen hoffnungs»
los darnieder. Augenblicklich eilte P.
nach Spital, konnte aber, verhindert
durch die Intriguen und Nichtswürdig'
Zeiten der Domestiken, nicht einmal zu
einer Unterredung mit seinem Bruder
gelangen, sondern mußte unverrichteter
Dinge nach Gratz zurückkehren. Kurze
Zeit darauf brachte ihm der Gouverneur
von Steiermaik felbst die Nachricht von
dem Tode des Fürsten und von seiner
Nachfolge im Majorate, welches er am
7. November 1788 antrat. P. hatte nun
die Mittel, seiner Luft wohl zu thun,
schrankenlos die Zügel schießen zu lassen.
Allein nicht nur das Wohlthun selbst
gewährte ihm einen Genuß, sondern,
wenn dasselbe mit Hindernissen, die er sich
oft selbst schuf, verbunden war, erhöhte
es ihm noch denselben. So überraschte er
einmal mitten im Winter, um Weih»
nachten, das ihm gehörigeDorfUrapsche,
welches bei den Schneemassen nur zu
Fuß oder mit Saumthieren zugänglich
war, mit seinem Besuche, alle Bewoh.
ner desselben mit allerlei entsprechenden Porcia
WeihnachtSgaben, darunter auch mit
Kletzenbrot, weßhalb ihn seine Freunde
auch den „Kletzenbrot-Fürsten" nannten,
bedenkend. — Ein anderesmal über»
ließ P., als er auf der Reise nach
Treviso einen Bauer mit zwei elenden
Pferden ackern sah, demselben seine
Pferde, welcher sie dann theuer verkaufte,
und der Fürst selbst fuhr mit den Mäh.
ren nach Treuiso, wo er sie dann einem
Stallknechte schenkte. — Einmal lud er im
Gasthause einen armenDeficimtM'Priester
zur Tafel ein und schenkte ihm dann
einige Bonbons in eine Fünfzig'Gulden»
note gewickelt; als dieser nun das kost»
bare Couvert entdeckte, wollte er zurück
und dem Fürsten danken, allein dieser war
schon auf und davon gefahren. — Aber
nicht nur ein Wohlthäter im größten
Maßstabe war P., sondern auch ein
merkwürdiger Sonderling. So schrieb er,
als er in der Nähe von Gratz lebte und
dort sehr viele Besuche, meist Neugie»
riger, mit denen er sich,
wenn er
sie vorließ,
über die merkwürdigsten Dinge besprach,
erhielt, über seine Hausthüre: „Huiä
viäürLi »runüinom vünti» a i^»
" Und über seiner Zimmerthüre
las man: „Ich bitte um Schonung für
meine Zelt".—Einmal bewirthete er eine
Anzahl Freunde in seinem Schlosse Ober«
drauburg in Karnthen, sich selbst den«
selben als den Pfleger der Herrschaft vor-
stellend, und bei der Tafel über den
Fürsten und dessen Sonderbarkeiten in
solchem Maße spottend, daß es den
gerechten Unwillen der Gäste hervorrief.
Als sie abgefahren, fuhr er ihnen nach
und als sie den Pfleger zu erkennen
glaubten, rief er ihnen zu, wer er sei. —
I n Mailand besuchte er eines Abends
im Carneval die Red oute, in Maske als
Bildelhändler und vertheilte unter die
besonders leidenschaftlich tanzenden Paare
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Band 23
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Podlaha-Prokesch
- Band
- 23
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon