Seite - 291 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Podlaha-Prokesch, Band 23
Bild der Seite - 291 -
Text der Seite - 291 -
291 Prießniy
sich folgendermaßen zu: P. wuid« von
seinem durchgehenden Pferde vom Wa>
gen gerissen, der mit Getreide beladene
Wagen ging ihm über die Brust und
brach ihm einige Rippen. Er wurde be<
wußtlos aufgesunden, nach Hause ge»
bracht und der herbeigerufene Wund'
arzt gab wenig Hoffnung, denn, meinte
dieser, wenn P. schon das Leben, was
jedoch sehr fraglich, erhalte, so werde er
doch fortwahrend ein Krüppel, bleiben.
P. ließ nun die von dem Arzte verschrie»
bmen Kräuter in Wein kochen, um sich
die verordneten Umschläge zu machen.
Jedoch statt Linderung seiner Schmerzen
zu erhalten, wurden dieselben immer un»
erträglicher, so daß er sich endlich die
Umschläge mit dcr größten Anstrengung
vom Leibe riß. um das kalteWaffer, wie in
so vielen Fällen, auch jetzt als Heilmittel
in Anwendung zu bringen. Zuerst richtete
er sich selbst die gebrochenen Rippen ein
und machte sich hierauf aus nassen, ausge»
wundenen Tüchern kalte Umschläge, wor>
auf die Schmerzen nachließen und er in
einen ruhigen Schlaf verfiel. Nach zehn
Tagen war P. so weit hergestellt, ohne
auch nur daS geringste Wundfieber ge»
habt zu haben, daß er seinen häuslichen
Geschäften wieder nachgehen konnte.
Durch diese seine eigene Heilung war
P.'s Vertrauen in die Heilkräfte des
kalten Wassers so fest und unerschütterlich
geworden, daß er dasselbe bei allen Ver»
lehungen, die ihm bekannt wurden, an-
wendete. Dabei war P. bei den Curen,
die er unternahm, so vom Glücke begün»
stigt, daß ihm fast alle gelangen und er
mit 19 Jahren bereits einen so ausge.
breiteten Ruf besaß, daß er nach Mähren
und Böhmen zu kranken Personen gerufen
wurde. So langeP. arme Leute mnntgelt»
lich curirte, wurde er als Wundermann
gepriesen und in den Himmel erhoben. Als jedoch auch Fremde kamen, die bei
dem jungen Naturarzte Hilfe suchten und
nachdem sie diese gefunden, ihm auch
Beweift ihrer Dankbarkeit überreichten,
ließen Neid, Gehässigkeit und Mißgunst
nicht lange auf sich warten. Besonders
die Aerzte in Freiwaldau und Umgebung
würdigten den jungen Mann ihrer be-
sonderen, wenn auch nicht gerade freund»
fchaftlichen Aufmerksamkeit, da sie fühl-
ten, daß er sie in ihrem Erwerbe beein»
trächtige, und waren bemüht, ihm im
Vereine mit den Beamten alle nur er»
denklichen Hindernisse in den Weg zu
legen. Auch die Geistlichkeit fand es nicht
unter ihrer Würde, selbst von der Kanzel
herunter gegen P., den „schlechten Pro<
pheten", wie sie ihn nannten, zu vredi»
gen, und zwar so lange, bis sich ihr
Hauptschreier gezwungen sah, sogar Hilfe
und Linderung seiner Schm'erzen bei P. zu
suchen; nachdem aber auch er
sie gefunden,
wurde er nun ein ebenso entschiedener An»
Hänger der Hydropathie, als er früher
ein Gegner derselben gewesen. Derselbe
Geistliche gab P. nun einige medicinische
Bücher, welche dieser aufmerksam durch»
las, jedoch mit der Bemerkung zurück»
stellte, er wolle keine anderen, er würde
sonst nur verwirrt werden. Da die An-
zahl der Kranken, welche nach Grafen»
berg zu P. kam, stets größer wurde, so
sah er sich im Jahre 1822 gezwungen,
das alte hölzerne Haus, welches er bis
dahin mit seinen Eltern bewohnt hatte,
niederzureißen, es bedeutend vergrößert
aus Stein wieder aufzubauen und außer»
dem noch ein zweites Stein» und mehrere
Holzgebäude ° zu errichten. In seinem
26. Jahre traf ihn durch den Verlust
seiner Mutter ein harter Schlag, da er
in ihr den Ordnung haltenden Geist
seiner Wirthschaft verlor. Jedoch dauerte
diese Verlegenheit nicht lange, indem er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Band 23
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Podlaha-Prokesch
- Band
- 23
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon