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feine Befreiung nur von innen heraus,
nicht aber durch fremde Beihilfe erwarten
dürfe. Dadurch kam eS auch im Jänner
4861 zwischen Pulszky undKossuth
zum förmlichen Bruche, da Kossuth
sich zu sehr, ja ausschließend aufNapo»
leon'S IH. Hilfe stützte. Als nach dem
Umschwünge der politischen Verhältnisse
in Oesterreich und zunächst in Ungarn im
Jahre 1861 der Pesther Reichstag zu-
sammentrat, wurde P. von dem Saroser
Comitate in denselben gewählt, konnte,
aber, obgleich die Wahlcommisfion seine
Wahl für gesetzlich erklärt hatte, seinem
Mandate nicht folgen, da er keinen freien
Geleitsbrieferhielt. Während seines mehr»
jährigen Aufenthaltes in Italien trat P.
auch öffentlich als Vorleser auf, und
zwar begann er im Gebäude der Akade»
mie der schönen Künste zu Florenz popu-
läre Vorträge über die Sprachen und
geistigen Eigenthümlichkeiten der turani<
schen Völkerschaften in Europa, ^ welche
jedoch wenig Theilnahme fanden. P.
lebte bis 1866 in Italien, bis ihm ein
unglückliches Familienereigniß die Rück»
kehr in's Vaterland ermöglichte. Seine
Gattin war schon früher mit einer Toch>
ter nach Ungarn gereist, um an Ort und
Stelle die Zurücknahme der in Folge der
Vorgänge von 1848 über das Vermögen
der Familie verhängten Confiscation zu
betreiben, war aber während ihres Auf'
entHaltes daselbst im September 1866
von der Cholera befallen worden. Un-
mittelbar darauf erkrankte auch die Toch»
ter. Freunde verwendeten sich für P.,
ihm die Erlaubniß zum Besuche seiner
erkrankten Frau und Tochter zu erwirken,
welche er auch erhielt. Vr traf aber bei
seiner Ankunft in Ofen Frau und Toch>
ter als Zeichen. Sofort entschlossen, da
ihn ferner keine Bande mehr an seine
Heimat fesselten, zurückzukehren, und be> reits auf der Rückreise nach Italien be>
griffen, ereilte ihn auf derselben ein Tele-
gramm, welches ihm die Kunde brachte,
daß ihm von Sr. Majestät die Erlaubniß
zu einem verlängerten Aufenthalte er»
theilt worden sei. Aber noch ein neuer
Schmerz sollte- den bereits Vielgeprüften
treffen. Auf seiner Reise nach Ungarn
hatte P. auch seinen Sohn Gabriel
mitgenommen. Auch dieser erkrankte bald
nach seiner Ankunft zu Paty im Pesther
Comitate und war in wenigen Tagen
eine Leichet Eifrige Verwendung seiner
Freunde, namentlich jene des damaligen
ungarischen Hofkanzlers, Herrn von
Maj l6. th, erwirkten nun P. eine Au»
dienz bei Sr. Majestät dem Kaiser und
in dieser kündigte ihm der Monarch selbst
an, daß er begnadigt und ihm die Rück>
kehr nach Oesterreich gestattet sei. Die
Journale brachten diese Nachricht mit
der Bemerkung, daß man von seinem
Ansehen und seiner Begabung viel für
den Ausgleich mit Ungarn hoffe. Sein
Einfluß auf die ungarische Emigration
dürfte sich gleichfalls als wirksam erwei»
sen. Jedenfalls hat Ungarn und Oester>
reich an P. eine bedeutende Kapacität
gewonnen, die leider zum Nachtheile für
daS Interesse Oesterreichs lange genug
brach gelegen ist. P. kehlte, nachdem er
in Italien seine Angelegenheiten geord»
net, auch wieder in seine Heimat zurück,
wo er in der ersten Zeit seines Nufent»
Haltes in den politischen Kämpfen
seines Vaterlandes eine vermittelnde
Rolle spielte, endlich aber mit Allerh.
Entschließung ääo. Wien 28. Februar
1869 über Vortcag des ungarischen Mi»
nisters für Cultus und öffentlichen Unter»
richt (damals Joseph Freiherr von Göt°
v ö s), nachdem die Enthebung des Au-
gustin von Kubiny i von der Leitung
des ungarischen National-Museums ge-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Prokop-Raschdorf, Band 24
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Prokop-Raschdorf
- Band
- 24
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 450
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon