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Purtscher 108 Pusch
läge auf der Wissenschaft beruhte, aus
und in einander. Sein poetisches Talent
bekundete er in ungemein schönen Dich»
tungen, von denen jedoch nur ein sehr
kleiner Theil im Drucke erschienen ist.
Leider wurde er aus ihr durch die polit!»
schen Wirren des Jahres 1848 heraus»
gedrängt, denn diese rissen ihn aus der
stillen Gelehrtenklause heraus auf die
politische Tribune, auf welcher er eine
Rolle zu spielen vermeinte. Er wurde
im genannten Jahre in den öfter»
reichischen Reichstag gewählt. Vielleicht
wäre es dem geklärten Geiste, dem reifen
Manne gelungen, wenn nicht der Tod
frühzeitig seinen Lebensfaden abgeschnit-
ten hätte. Ungeachtet dessen verfolgte er
auch als Politiker edlere Ziele, wenn er
auch, von der Leidenschaft hingerissen,
sich in banaler Weise geberdete.' Mit der
ganzen Begeisterung seiner Jugend klam»
merte er sich an den großen deutschen
Gedanken und die Erlösung seines enge»
ren Vaterlandes Tirol von clericalem
Joche war» es, was er zunächst anstrebte.
Bei Gelegenheit der Debakte über „Tren>
nung der Kirche von der Schule" hielt
er in Kremsier eine bemerkenswerthe
Rede, in welcher er die tirolischen Zu>
stände zergliederte und welche eine gleich
herbe wie wehmüthige Satyre auf die
. clericalen Zustände seines Vaterlandes
war. Bei einer früheren Gelegenheit, in
der Sitzung deö Reichstages vom 30. Scp»
tember 1848 in Wien ließ er sich in einer
Interpellation, die er gegen den Finanz»
minister Kraus richtete, zu einem abge°
schmackten Wortspiele hinreißen, wozu
ihm der Name oes Finanzministers und
das Beiwort „kraus" die Gelegenheit
bot. Der Witz fand eine üble Aufnahme
und ein unabhängiges Wiener Blatt —
damals kurz als schwarzgelbes bezeichnet
— richtete aus diesem Anlasse an P. die bittere Apostrophe: „Und was würden
Sie, Abgeordneter Pultscher, sagen,
wenn der Finanzminister Kraus Ihnen
in der Sitzung auf Ihre Interpellation
rundweg antwortete: ' Ihre .Ait und
Weise, zu interpelliren, „Herr Abgeord»
neter Purtscher", gibt mir die traurige
Ueberzeugung, daß ein „abgeordneter
Bursche" im Reichstagssaale sitze". Mit
dem traurigen Ende des Kremsierer
Reichstages hatte auch P.'s politische
Sendung ein Ende. Ueber sein ferneres
Thun und Lassen liegen keine Nachrichten
vor. Freunde, die ihn kannten, erzählen,
daß seine Muskelkraft durch Jagd und
sonstige Leibesübungen zu einem erstau,»
nenswerthen Grade gediehen war, zu
der sich die behendigste Fertigkeit gesellte,
so z. B. tödtete er Vögel im Ausflüge
durch einen Steinwurf. Ungeachtet seiner
rüstigen körperlichen Erscheinung fand er
ein frühes Ende. Ein Fieber hatte ihn in
wenigen Tagen dahingerafft. Was mit
seinem poetischen Nachlasse geschehen, ist
dem Herausgeber dieses Lexikons ntcht
bekannt, aber Proben seiner Dichtungen,
die derselbe kennt, z. N. sein Sonnett:
„Zwei siechten einst dahin", in der Zeit»
schrift: „Harfe und Zither" (Innsbruck,
4».) 1831, Nr. 21, und die Romanze:
„Der Fischer" (Sage vom Triflacher
See) in dem von Ign. Wincenz Zin»
gerle herausgegebenen Buche: „Tirol.
Naturgefchichte. Sage im Spiegel deut»
scher Dichtung" (Innsbruck 1882, Wag-
ner, 8«.) S. 378, lassen es bedauern,
daß dieselben nicht in einer geschlossenen
selbstständigen Sammlung vorliegen.
Oesterreichischer Courier (Bäuerle'6
„Theater.Zeitung, gr. 4°,) Hl. Jahrg. (1848),
Nr, 288: „Abgeordneter Purtscher in der
Sitzung uom 2l>. September 1848".
5, Sigismund (gelehrter Jesuit,
x zu Gratz 16. August 1669, gest
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Prokop-Raschdorf, Band 24
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Prokop-Raschdorf
- Band
- 24
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 450
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon