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Nedwitz-Schmök NedWitz-SchmölI
die heut zu Tage erzeugt wird, ist die
durch und durch revolutionäre Negation
die dämonische Seele des Schaffens, son»
dem auch in der wissenschaftlichen Be-
handlung der alten und neuen Literatur
ist diese verderbliche Negation des positi-
ven Christenthums und somit alles Posi»
tiven vorherrschend, und ich sage weiter,
diese Negation im Unterrichte ist dem
Staate wenigstens ebenso verderblich,
wenn nicht verderblicher". Nach diesen
vorbereitenden Sätzen, wie er es mit der
Behandlung der Literatur in seinen Vor»
trägen meint, führt er den Hauptschlag.
nämlich das VerdammungSurtheil über
die neuerwachte Pflege der classischen
Literatur, sowohl in der Poesie als
überhaupt auch in der ganzen Bildung
unserer Jugend und begeht die folgende
Fälschung deö modernen Geistes der
Literatur: „Diese Nachäfferei der Alten
hat der ganzen zweiten classischen Litern»
tur nicht zum Heile, mindestens nicht
zum ewigen christlichen Heile gereicht.
I n den herrlichen Garten deutscher
Dichtung hat nicht der wahre Gottes»
segen gewohnt. Treulich Hand in Hand
mit den schaffenden Geistern sind die Lehrer
der Jugend durch ihre falsche Begeiste-
rung für die Antike gegangen und haben
den Jünglingen auf den Gymnasien und
Hochschulen den Geist des Christenthums
zu stehlen gewußt." Nach dieser nicht
neuen Darlegung, da es ja in den Iesui«
tenschulen seit ihrem Bestände nicht
anders gehalten wurde, fordert Herr
von Redwitz, daß die christlichen
Dichter und die Göt ter lehre nur im
christli chen Sinne erklart und b e>
handelt werden sollen. „Das heid»
nische Alterthum", fährt er nun fort,
„wird mit fast frivolem Enthusiasmus
hervorgehoben, ohne allen Vergleich,
ohne allen Zusammenhang mit dem Christenthum, rein nur, um das letztere
als der Kunst ungünstig hinzustellen,
statt mit dessen ewig leuchtender Fackel
in die wunderbar dunklen Hallen der
antiken Schönheitswelt hineinzuleuchten,
redlich die herrlichen Formen, den hohen
menschlichen Geist, die edlen Geistes-
gaben der alten Dichter zu zeigen, aber
trotzdem der staunenden Jugend auch
den ewigen Weheruf vernehmen zu lassen,
der aus dem Fatum tönt, der nach
Wahrheit schreit und ewig klagt, daß der
Mensch geboren sei, daß er nichts weiß
von der Hoffnung des ewigen Lebens."
Diese Auszüge genügen, um den Geist,
den dieses merkwürdige Actenstück ath>
rnet, anzudeuten. Genug, seine Wirkung
war, wie bereits gesagt, daß Oscar von
R. als Professor der Literatur Mitglied
der akademischen Kreise WienS wurde.
I n den Kreisen jedoch, in denen zunächst
zu wirken der 28jährige christkatholische
Poet berufen war, hielt diese gläubige
Anschauung von der Poesie und den
Poeten nicht lange vor. Zuletzt fühlte
sich der Poet in einer Umgebung, die
mit seinen Ansichten nichts weniger alö
übereinstimmte und sich nun emmal nicht
„oscarisiren" und „redwitzirm" — so
nannte man in Studentenkreisen seine
Versuche, die Hörer für seine Anschauun-
gen der Literatur zu gewinnen — lassen
wollte, so unbehaglich, daß er schon im
Sommer 1832, wie es hieß, zur Vollen»
düng einer größeren
christkatholischen
Dich»
tung, einen längeren Urlaub sich erbat, der
sich zuletzt bis zur Nimmerwiederkehr auf
die ihm verliehene Lehrkanzel ausdehnte.
Die weiteren Schicksale des Poeten, fur
dieses Werk von geringerer Bedeutung,
mögen nur kurz angedeutet werden.
Bald nach seiner Ernennung zum Pro»
fefsor vermalte er sich mit einem Fräulein
von Ho scher aus Speyer, mit der er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Band 25
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rasner-Rhederer
- Band
- 25
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon