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Neichstadt 183 Neichftadt
— „Ic>", erwiederte man ihm; — „Ist
eS Einer von denen, die meinen Vater
verlassen haben?" rief der Prinz. Nach«
dem der Exkaiser Napoleon Elba ver-
lassen halte, veilcmgte er seine Gemalin
Mar ia Luise und seinen Sohn zurück.
Es findet sich kein geschichtliches Docu»
ment vor, welches eine Antwort auf
diese vor Gott und den Menschen gerecht»
fertigte Forderung enthält. Gerüchtweise
wird erzählt, daß um diese Zeit ein
Komplott geplant woiden, den Prinzen
zu entführen und nach Paris zu bringen,
welchem zwar von mehreren Seiten wi-
versprochen wurde. Das Olmützer Iour»
nal „Die neue Zeit" brachte 1864 in Nr. 7
und in neuester Zeit dns „Neue Wiener
Tagblatt", wie es scheint, nach Auf>
zeichnungen des ehemaligen Schönbrun»
ner Schloßhauptmanns von Tappen-
bürg. diese Angelegenheit neuerdings
zur Sprache. Während der politischen
Stürme, welche big zur Einschiffung
Napoleon'S aufSt.Helena auf'S Neue
Frankreich zerwühlten, als dann nach
dessen zweiter Abdankung die völlige
Restauration der Bourbonen auf den
französischen Königsthron bewerkstelligt
wurde lebte der junge König von Rom
in Schönbrunn, wo mittlerweile einige
Veränderungen in der seine Erziehung
leitenden Umgebung statthatten. Gräfin
Monteöquiou reiste mit ihrem Ge»
folge nack Frankreich zurück und an ihre
Stelle trat mit kais. Handschreiben vom
30. Juni I8l8 Moriz Graf Dietrich-
stein IM . I I I , S. 303). Indessen hat-
ten die Königin von Etturien und der
spanisch'e Hof ihr Erbrecht auf die drei
Herzogthümer Parma, Piacenza und
Guastalla geltend gemacht und wurde
der ersteren nach dem Tode M a r i a
Luisens die Erbfolge in den genannten
Herzoglhümern zugesichert. Dafür mußte 'Napoleon'S Sohn seinen Ansprüchen
auf die drei Herzogthümer entsagen und
wurde mit kais. Patent ääo. 22. Juli
1818 zum Herzog von Reichftadt er-
nannt. Kaiser Franz I. hatte schon mit
kais. Handschreiben ä,cla. Zara 2. März
1818 an den.Grafen Säur au die
damals pfalzbayerische, nachherige erz-
und großherzoglich,loScanische Herrschaft
Reichstadt (sechisch 2a1cop?) zum Her»
zogthume erhoben. Durch oberwähntes
Patent wurden bezüglich der Titulatur
deS Prinzen festgesetzt in der Anrede:
Durchlauchtigster Herzog! im Konterte:
Vuere Durchlaucht! Die Verleihung eines
Wappens und die Bestimmung seines
herzoglichen Ranges unmittelbar nach
den Erzherzogen deS österreichischen Kai>
serhauses. Die Exkaiserin, Erzherzogin
Mar ! a 3 uise, die bis dahin an der Seite
ihres Sohnes in Schönbrunn gelebt, begab
sich nun, nachdem alle Hindernisse wegen
Besitznahme ihrer Länder endlich hinweg»
geräumt waren, in ihre Duodezstaaten,
während der Herzog von Neichstadt
in der unmittelbaren Nähe seines Groß«
Vaters, deS Kaisers Franzl., in Schön»
brunn blieb. Daselbst freute sich der
junge Prinz seines Daseins; in den Ge»
mächern seines Großvaters, dem er in
kindlicher Liebe zugethan war, hatte er
sein eigenes Plätzchen, um das für fein
Alter passendes Spielzeug umherlag.
Alles liebte daS schöne Kind und na«
mentlich Erzherzog Franz Kar l , der
ihm unter den kaiserlichen Prinzen in
den Jahren zunäckst stand, war sein
Freund und Spielgenoß. Die bedeuten»
den Geistesgaben des Kindes begannen
bald sich zu zeigen, er gab viele Beweise
von rascher Fassungskraft und Einsicht,
und im zarlesten Alter von Festigkeit,
Muth und seltener Klugheit. Dem Gra>
fen Dietrichstein wurden als eigent«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Band 25
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rasner-Rhederer
- Band
- 25
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon