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Nichter, Anton 3 30 Anton 3
cultivirte Richter von Neuem die Idee
der Zuckerfabrication, nachdem er in
Erfahrung gebracht, daß endlich von
Seite der Regierung die Einführung des
Rohzuckers begünstigt werden solle. Die
Wiederaufnahme des Rafsineriewerkes zu
Königsaal fallt in das Jahr 1849. Bevor
indeß die Zuckererzeugung in Gang kam,
etablirte Richter, im Besitze einer bei
uns noch nicht versuchten Methode, eine
Bleizuckerfabrik. Er war auch längere
Jahre der Einzige, welcher den für den
Zeugdruck und andere technischen Zwecke
unentbehrlichen Bleizucker mit Anwen
düng des Holzessigs im Großen erzeugte.
Zum Behufe noch umfassenderer Unter
nehmungen, namentlich der Zuckerrafft
nerie, suchte Richter einen bemittelten
Gesellschafter, den er auch in der Person
des Herrn H. E. Herz fand. Das ^
schaft war im Grunde ein versuchsweises,
wobei Richter, auf die eigenen Fähige
keiten angewiesen, ungeheuere Anstren
gungen aufbot und drei volle Jahre für
sich ganz verlor. Hingegen hatte sich die
Fabrication des Bleizuckers einer unge«
mein guten Aufnahme zu erfreuen. In
specieller Beziehung auf die Bleizucker»
erzeugung hatte Richter'S Scharfblick
wahrgenommen, daß der für die Kattun»
fabriken und Färbereien Böhmens jähr»
lich gegen eine Million Gulden betra«
gende Bleizuckerbedarf, anstatt des kost«
spieligen Bezuges aus dem Auslande,
durch einheimische Arbeit gedeckt werden
könne. Hiezu aber waren als Vorbe«
dingung eigene Verkohlungsöfen, welche
Holzsaure und aus dieser den Holzessig
liefern, nothwendig. R. stellte dieselben
zu Ro2mital auf eigene Kosten her. R.
legte selbst einigen Werth darauf, daß es
ihm — dem Ersten in der Monarchie —
gelungen sei, den inländischen Kattun»
fabriken eine um zwei Drittel billigere Waare liefern zu können. Allmälig wurde
in Königsaal (was bisher in der Monar-
chie noch nicht geschehen war) Bleizucker
aus Fruchtessig erzeugt und überhaupt
die ausgedehnteste Fabrication hierin auf
jede Art gesichert. Richter's Etablisse-
ment war, wenngleich noch immer nicht
in der Zuckerraffinerie, so doch in meh>
reren chemischen Hauptzweigen derart
consolidirt. daß er daS Jahr 1821 zu
besonderen technischen und commerciellen
Forschungen im Auslande, namentlich in
Norddeutschland, verwenden konnte. Die
Orientirung auf dem Felde der während
fünf Friedensjahren überraschend aufge>
blühten deutschen Industrie wirkte an»
spornend auf R.'s nie ruhenden Unter»
nehmungsgeift. Kaum heimgekehrt, ließ
sich Richter — der erst in der Fremde
die Vorzüge seines erfinderischen Geistes
würdigen gelernt — mehrere landesfürst'
liche Prilegien nach einander ertheilen.
Das erste auf eine neue Erzeugungsart
des Bleizuckers, daszweitePrivilegium auf
eine eigenthümliche Fabrication des Blei»
weißes und das dritte auf einen verbefser»
ten Bau der Verkohlungsöfen. Inwieweit
diese und andere Erfindungen R.'s auf
die chemische
Fabrication überhaupt ein»
gewirkt, hierüber herrscht nur eine Stimme
der Anerkennung unter den Fachgenos-
sen. Im Jahre 1823 hatte Richtersich
von herz getrennt und mit F. I . Kolb
in Prag verbunden; auf diesen routinir-
ten Geschäftsmann konnte er den mer»
cantilischen Theil seiner Unternehmungen
übertragen. Und jetzt, wo daS Geschäft
unter günstigeren commerciellen Auspicien
als früher, nicht blos als Fabrication,
sondern auch echt kaufmannisch betrieben
zu werden anfing, setzte R. alles Studium
und alle Kraft daran, Böhmen und ganz
Oesterreich durch Einführung bis dahin
nicht betriebener Fabricationen immer
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Band 26
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rhedey-Rosenauer
- Band
- 26
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 436
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon