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mehr unabhängig von fremder Arbeit zu
machen. Er suchte dieß z. B. gleich 1823
durch die Schrottfabrication anzubahnen,
welche die Einfuhr deS englischen, söge-
nannten Patenthagels entbehrlich machen
sollte, 'indem er selbst an 20 Sorten
Schrotte nach englischer Art massenweise
(jährlich über 2300 Centner) zu erzeugen
ansing. Seine, gleichfalls zu Königsaal
etablirte Schrottgießerei blieb die einzige
in Böhmen und R. gab dieselbe nach
Verlauf von etwa zehn Jahren wieder
auf, nackdem er inzwischen auch Zünd»
Hütchen nach einer verbesserten Methode
fabricirt hatte. Einen glänzenden Erfolg
hatte die von Richter fast gleichzeitig
begonnene Seifenerzeugung nach Mar-
seiller Art — ein Fabricat. welches
zumeist für den Bedarf der Kattun«
Druckereien und Türkischroth-Farbereien
berechnet, bis dahin nur im Zollaus'
schlußgebiete von Trieft, im Inneren der
Monarchie aber gar nicht vorhanden
war und auS weiter Ferne (Toulon.
Genua. Alicante — nachher freilich auch
aus Ungarn) bezogen werden mußte.
Die Seifenfabrik Richter'S lieferte all«
mälig nicht nur die den Kattun- und
RothgarN'Manufacturisten früher unent»
behrlich gewesene weiße, sondern auch
die in letzter Zeit in den Bleichereien ver»
wendete Har^seife, ferner für die feinsten
Farben eine neutrale Seife, endlich für
die Tuchfabriken weiche und harte Wal-
kerseife und für den Hausgebrauch alle
Gattungen marmorirter und gelber Seife,
im Ganzen über 2000—3000 Centuer
jährlich. Im folgenden Jahre (1824)
fing Nichter an, sein Rafsineriegescdäft
innerhalb der unentbehrlichsten Räurn-
lichkeiten abzugrenzen, alles Uebrige
jedoch zu einer vollkommenen chemischen
Fabrik umzugestalten. Er errichtete eine
große Bleikammer für die Erzeugung 1 Nichte^ Anton 3
der concentrirten (sogenannten englischen)
Schwefelsäure, worin jährlich an 300
Centner Schwefel verbrannt und gegen
2000 Centner Schwefelsäure — mithin
zwei Fünsttheile der Gesammtproduction
Böhmens — erzeugt wurden. Nach und
nach erstreckte sich das Königsaaler Na«
bliffement auch noch noch auf die Dar-
stellung der Salz- und Salpetersäure,
der krystallifirten schwefelsaueren Thon«
erde. des Alauns, Salmiaks, der Soda,
der Zuckersaure, deS künstlichen Gypses
(aus den Abfallen der Bleizuckerfabrik)
und zahlreicher pharmaceutischer Präpa-
parate, darunter besonders, große Mengen
Salicins (als Ersatzmittel der Chinin«
Präparate), sowie des damals eben er»
fundenen Creosots, welch' Letzteres wohl
nirgends zu so billigen Preisen erzeugt zu
werden vermochte. Durch die wohlfeilere
Bereitung z. B. der Salzsaure, wodurch
zugleich die Salmiak- und Chlorfabri»
cation eine wesentliche Erleichterung ge»
wann, hat Richter sich von derFikent-
fch e r'schen Fabrik zu Redwitz (in Bayern)
immer unabhängiger gemacht; er setzte
durch andere Artikel große Capitalssum«
men in Umlauf und schwang seine eigene
Firma bereits 1827 zu einem ehrenvollen
Range und dauerndem Ansehen empor.
Mittlerweile betrieb doch Richter die
Zuckerfabrication immer fort. Er kaufte
eine Dampfmaschine von 14 Pferdekraft
und stellte sie in Königsaal zum Betriebe
von vier Luftpumpen auf. Hiedurch und
durch die später erfolgte Aufstellung einer
zweiten Dampfmaschine von 12 Pferde,
kraft wurde seinem Etablissement, das
sich immer mehr zur ausschließlichen oder
doch vorzugSweisen Zuckerfabrication hin«
neigte, eine wesentliche Stütze zu Theil.
Obwohl Fürst Oett ingen«Waller-
stein, der die Staatsdomäne Königsaal
gekauft und daselbst auch eine Rüben»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Band 26
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rhedey-Rosenauer
- Band
- 26
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 436
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon