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Nichter, ßeinr. M.K. 13 Nichter^ Heinr. M. K. 13
R< mit einer politischen Rede beantwor«
tete. Der Umstand, daß zu jener Zeit die
Verfassung sistirt und darin alle Bestre«
bungen gemacht wurden. dieselbe zu
reactiviren, gaben diesen Ovationen und
Reden ein besonderes Relief. Im selben
Jahre erschienen auS Richter's Feder
die „Fragmente aus dem Zeitalter der
Aufklärungen" in der „Oesterreichischen
Revue", durchwegs neue Forschungen
über die deutsche classische Literatur ent-
haltend und zugleich ein documentarischer
Nachweis über den Antheil Oesterreichs
an der deutschen GeisteSbewegung, wel>
cher auch in diesem Lexikon seit seinem
Erscheinen nicht nur angedeutet, sondern
immer nachgewiesen ist. Gleichzeitig mit
dem Inslebentreten des Vereinsgesetzes
gründete R. in Gemeinschaft mit vr.Ios.
Kopv, Dr. Hoffer, Dr. Granitsch
u. A. 1867 den ersten politischen Verein
— seit 1848 — unter dem Namen „deut»
scher Volksverein", dem R. leitend ange»
hörte, bis durch die Ballotage ein preu-
henfreundlicher Theil des Vereins die
Mehrheit erhielt und er mit 83 Genoffen
unter Protest aus demselben schied.
DaS allgemeine deutsche Schützenfest des
Jahres 1868 wurde bekanntlich in Wien
abgehalten. Bei dem Umstände, daß zu
jener Zeit Oesterreich aus Deutschland
ausgeschloffen war, die „süddeutschen
Staaten sich selbst überlassen blieben,
wahrend die norddeutschen Länder unter
Preußens Führung im norddeutschen
Bunde geeint erschienen, mußte ein deut»
scheS Nationalfest in Wien nothwendig
ein demonstratives, zum Theile cmti-
preußisches Gepräge annehmen. Schaa«
renweise kamen die Süddeutschen nach
Wien, um durch ihr Erscheinen gegen
den Ausschluß Oesterreichs aus Deutsch«
lands und die Zerrissenheit deS gemein«
samen Vaterlandes zu protestiren. DaS gleichzeitige Erscheinen der Depeschen, in
welchen Preußens Verbindungen mit der
Legion Klapka's und italienischen, wie
französischen Gegnern Oesterreichs dar»
gelegt wurde, erregte die durch die
ungeschickte Führung der Feldherren und
darob erfolgten Niederlagen ohnehin
genug verbitterten Gemüther noch mehr.
So gestaltete sich die VolkSversamm-
lung vom 2. August 5868 in den
„Sperlfälen" zu der großartigsten, aber
auch durch das Eingreifen der Führer
der Lassale'schen Arbeiterpartei zu
der stürmischesten, die jemals in Wien
abgehalten wurde. Die „Neue freie
Presse" vom 3. August 1868 erstattet
über diese Versammlung Bericht. In
derselben ergriff R. zuerst das Wort,
nachdem er durch Acclamaiion zum
Schriftführer erwählt war. Seine längere
Rede beschränkte sich darauf, die unferti«
gen Zustände Deutschlands darzulegen,
den Nachweis zu liefern, daß Oesterreichs
Ausschluß aus Deutschland durch einen
Bruderkrieg einen Verlust seiner großarti«
gen Weltstellung mit sich führe und dem-
gemäß der Anschluß an die Bestrebungen
der süddeutschen Volkspartei mindestens
eine Erklärung für die Bestrebungen der
mit Oesterreich sympathisirenden Partei
geboten sei. Seine Rede wurde mit nicht
endenwollendem Jubel aufgenommen. In
der That erwies sich R. in dieser Ver-
sammlung als ein Redner, der ebenso
seine eigene Leidenschaft oratorisch zu
verhüllen, als die seiner Zuhörer in maß«
voller Weise zu erregen versteht. Die
Versammlung blieb durch die Programm«
widrigen Forderungen der Arbeiterpartei,
welche in die politische die sociale Frage
mengten, und nicht minder durch daS
allmalige Hervorkehren der particula-
ristischen Ansichten der süddeutschen Red«
ner ohne Resultat. Wenige Monate vor-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Band 26
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rhedey-Rosenauer
- Band
- 26
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 436
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon