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H.'s Initiative hervor, denn es rourdl
von ihm im Ministerrathe vertheidige
und bildete sozusagen defsen Programm
auf defsen Grundlage die damaligen
staatsrechtlichen und politischen Wirren
ihrer Lösung entgegengeführt werden
sollten. Graf Potocki suchte diese
Lösung in seiner Weise, indem er vorerst
entschiedene Föderalisten in's Cabinet
aufnahm, eine Reise nach Prag unter
nahm und so der öechischen Partei auf
halbem Wege entgegen kam und den
verfassungstreuen böhmischen Landtag
auflöste. Indessen waren die confessio
nellen Verhältnisse Oesterreichs in den
Vordergrund getreten und erheischten
eine endgiltige Regelung, die Frage der
Aufhebung des Concordats kam an die
Tagesordnung. Wie sehr H. von der
Nothwendigkeit einer Regelung der con-
fesfionellen Verhältnisse durchdrungen
war, erhellet auS dem Inhalte der De«
pesche vom 2. Juli 1869 an den Grafen
Trautmannsdor f , welcher ein von
H. verfaßtes, diesen Gegenstand behan«
delndes Memoir zu Grunde lag. I n den
Verhandlungen mit dem ungarischen Mi»
nisterium, insbesondere mit dem Cultus»
minister, dem Freiherrn von Eötvös,
mit dem H. persönlich die Frage berieth,
verfolgt er den Standpunct, daß die
Aufrechthaltung des Concordats schon
durch die Wiederaufnahme des klacktum
HeFiura in Ungarn unmöglich geworden
sei. Auch für die Wiedereinführung des-
selben in Cisleithanien stimmte er und
im Anschlüsse an diese Motive erfolgte
die Kündigung des Vertrages durch das
Ministerium des Aeußern im Juli 1870.
Der mittlerweile ausgebrochene franzö»
sisch-deutsche Krieg nahm nun in erhöhter
Weise die Thätigkeit des auswärtigen
Amtes, in welchem H. für die Wahrung
der vollsten Neutralität mit Ausschluß jeder Rüstung einstand, aber nur erstere
erzielte, indem rücksichtlich deS letzteren
Punctes doch eine theilweise Bereitschaft,
stellung nöthig befunden wurde. Aber
auch in Oesterreich.Ungarn bereiteten sich
indefsen ernste Dinge vor. Die Delega-
tionen traten in Pesth zusammen und die
Mißerfolge desCabinets Potocki ließen
stürmische Debatten erwarten, die sich
auch auf den Minister des Aeußern aus»
dehnen sollten, der allzugroßer Nach«
giebigkeit gegen die staatsrechtliche Oppo»
sition beschuldigt, wie auch sonst noch die
Führung seines Amtes angegriffen wurde.
Beide Momente traten aber in ein ande-
reS Licht, als der denkwürdige Brief des
Grafen Beust an Rieger erschien, der
sein und seiner Partei unlauteres Treiben
durch sein Memorandum an Kaiser Na«
poleon entlarvt sah, und nun durch
Grafen Beust eine Antwort erhielt, in
welcher derselbe sein Verhältniß zu den
Verfafsungsfragen in unzweideutigster
Weise aussprach; während das Verhält-
niß Oesterreichs zu Preußen-Deutschland
durch die vielgenannte Depesche vom
26. December 1870 bestimmte Umrisse
bekam und eine neue und klare Basis für
daS System der auswärtigen Politik in
Oesterreich schuf. Die so drohend begon«
nenen Delegationen endeten mit einem
Vertrauensvotum für den Grafen Beu st,
dessen Stellung eben noch als eine tief
erschütterte angesehen wurde. Der Brief
an Rieger und die erwähnte Depesche
verdanken der geistigen Anregung H.'s
ihre Entstehung, unter dessen Dictat
gewissermaßen ihre Redaction stattfand.
Am Schlüsse der Delegation erfolgte die
rein aus der Initiative der Krone ohne
Vorwifsen der ofsiciellen Kreise des Mi«
nisteriums des Aeußern hervorgegangene
Berufung des Ministeriums Hohen-
wart. Dadurch wurde dem Gedanken
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Band 26
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rhedey-Rosenauer
- Band
- 26
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 436
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon