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Ausdruck gegeben, daß das Eingreifen
des Reichskanzlers m Fragen der inneren
Politik nicht angemessen erscheine, da ja
eben dadurch die oppositionelle Haltung
der Verfassungspartei hervorgerufen
wurde. Bald aber zeigte sich der Uebel»
stand dieser Einrichtung, indem, während
das Ministerium deS Aeußern auf die
Gegenstände seines eigentlichen Wirkungs-
kreises angewiesen blieb und daS Mini-
sterium Hohen wart zur Schlichtung
der staatsrechtlichen Wirren seinen eige»
nen Weg ging. sich bald der Mangel
jener Harmonie zwischen den Regierungs«
gewalten fühlbar machte, ohne den kein
konstitutioneller Staat, geschweige einer
mit dem verwickelten Verfafzungsorga-
nismus Oesterreichs auf die Dauer seine
regelmäßigen Functionen auszuüben ver»
mag, demzufolge auch hie und da fühl-
bare Störungen der Regierungsmaschine
eintreten mußten. Wollte das Ministerium
des Aeußern den Boden der gemeinsamen
Verfassung behaupten und demgemäß
nach außen hin ein politisches System
durchführen, welches die freundschaftlichen
Verhältnisse mit Deutschland und Italien
zum Zielpuncte hatte, wie dasselbe Graf
Beust den Delegationen gegenüber in
einer ausführlichen Vorlage ansein-
ander gesetzt hatte, dann war es nicht
zu vermeiden, daß das Ministerium
des Aeußern direct oder indirect in die
politische Action des cisleithamschen Mi»
nisteriums eingreifen muffe. Weder die
vom böhmischen Landtage geschaffenen
Fundamentalartikel, noch das zur Beant-
wortung der betreffendenLandtagsadreffe
von dem Ministerium Hohen wart be.
schloffene Rescript öffneten einen Weg
zum Ausgleiche, vielmehr war bei dem
Widerstreite der politischen Meinungen
wie der Rechtsauffaffung wieder der
Krone die Entscheidung anheimgegeben. Unter solchen Verhältnissen, deren nähere
Auseinandersetzung außerhalb der diesem
Ierikon gesteckten Grenzen fällt, mußte
das Ministerium des Aeußern eben aus
Gründen der auswärtigen Politik, welche
gegen jede Schmälerung der Machtstel-
lung des Kaiserstaates, die, wenn im
Innern die Ereignisse in erwähnter Weise
den Fortgang nahmen. unausbleiblich
war, Verwahrung einlegen und auf
seiner Theilnahme in Fragen der inneren
Politik entschieden beharren. Daß die
Forderung dieser Stellung des Ministe
riums des Aeußern in Sacken der inneren
Politik von H. am beredtesten verfochten
wurde, begreift sich von selbst bei einer
Prüfung seines bisherigen Verhaltens,
das auf einer gründlichen Kenntniß der
österreichischen Zustände fußte, die ihn
eben dem damit weniger vertrauten
Reichskanzler unentbehrlich machte. An»
gefichts dieser unabweislichen, aber durch
den Patriotismus gebotenen Haltung
mochte H. selbst seine persönlichen Inter-
essen zum Opfer gebracht haben, was
hier offen auszusprechen nicht überflüssig
erscheinen dürfte. Nach dem Rücktritte
Beust's dachte auch H. den Schauplatz
seiner bisherigen einflußreichen und be>
dmtungsvollen Thätigkeit zu verlassen.
Aber dem Wunsche seines gewesenen, wie
seines neuen Chefs nachgebend, ließ H.
den keineswegs glücklichen Gedanken, in
der Vollkraft seines Lebens sein Wissen,
seine Thatkraft und sein Können brach
liegen zu lassen, fallen und ist zur Zeit
als Sectionschef mit der Führung eines
großen Theiles der Geschäfte des Ministe«
rium des Aeußern betraut. Hervorragen«
den Antheil nahm er wieder an den Ver-
handlungen der beiden letzten Delegatio«
nen, an den verwickelten, die österreichisch«
ungarische Politik bewegenden Fragen
und an dem Ausbaue und der Pflege
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Band 26
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rhedey-Rosenauer
- Band
- 26
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 436
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon