Seite - 119 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rosenberg-Rzikkowsky, Band 27
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Nothschild Nothschild
tun^slosen Anfängen eines verfolgten VolkS'
stamnes sich zu einer solchen Höhe und Be»
deutuag emporgeschwungen hat. daß man
dieselb? und nicht mit Unrecht als Großmacht
neben die übrigen politischen Großmächte
stellt, t,on denen sie sich zum Vortheile we-
sentlich dadurch unterscheidet, daß sie die
einzige Großmacht der Welt ist, die
keine Staatsschuld und zu Schuldnern alle
übrigen Großmächte hat. Ueber Alter. Ab-
kunft, Ursprvna des Namens ist alles Mög«
liche erzählt worden. Nach Einigen leitet
man den Namm des Hauses von einer Stadt
ab. Gewiß ist ts. daß viele Israeliten ihre
Namen von Städten haben, aus denen sie
ausgewandert sind. um sich in anderen Ge»
meinden niederzulassen, so die Oppenheimer.
Wiener, Präger, Hamburger. Frankfurter,
Berliner, sämmtlich Namen israelitischer Fa-
milien. So wäre denn auch das berühmte
Haus Rothschild in gleicher Weise zu sei-
nem Namen gekommen, indem dasselbe aus
der Stadt Roeskilda oder Rothschild in Däne-
mark stammt, wo sich die weitberühmte Gruft
der Könige von Dänemark befindet, welche
Klopstock als „Rothschild's Gräber"
besang. — Nach Anderen wäre vor mehr denn
hundert Jahren ein armer Jude, Namens
Anselm Maier, in Hannover eingewan-
dert, wo er einen Kleinhandel begonnen und,
nachdem er mit demselben Glück «ehaot.
nach Frankfurt a. M. übersiedelt sei. wo er
seinen eigenen Herd gegründet und ein rothes
Schild in der Iudengasse ausgehängt habe.
DaS Haus in der Frankfurter Iudengasse,
welches die Wiege der Dynastie Rothschild
genannt werden kann. führt die kabbalistische
Zahl 148, denn ihre Summe gibt die verhäng«
nißoolle Schicksalszahl 13. — Die Geschichte
mit dem rothen Schilde möchte sich aber an«
ders verhalten. Die Häuser der Frankfurier
Iudengasse waren wie die der übrigen Stadt«
theile bis zum Jahre 1739 nicht mit Num<
mern versehen, sondern man hatte sie dadurch
von einander unterschieden, daß jedes Haus
einen bestimmten Namen trug, welcher auf
ein ober der Thüre angebrachtes Schild ge»
malt war. Von den alten Namen der Frank«
furter Iudenhäuser sind manche als Personen-
namen auf die diese besitzenden Familien
übergegangen, wie Namen Bär. HaaS, Hahn,
Hirsch, Hecht, Kann, Ochs, Reuß. zum rothen
Schild, Schiff, Schloß, zum schwarzen Schild.
Sichel, Stern, Stiefel, Strauß. Wahlschein»
lich hat nun auch die Familie Rothschild ihren Namen von dem „zum rothen Schild"
benannten, mittlerweile abgerissenen Hause
erhalten, welches die Nummer 69 führte.
Dasjenige Haus aber, welches der Stifter
des Rothschild'schen Bankhauses. Maier
Amschel von Rothschild, um daS Jahr
1780 erkaufte und in welchem alle Kinder
desselben und so auch die fünf Begründer
der europäischen Geldmacht Rothschild:
Amschcl Maier, Salomon Maier. Na»
than Maier. Hurl Maier. IameS Maier,
geboren wurden, führte nicht den Namen
„zum Rothen Schild", sondern „zum Grünen
Schild". Also der Name Ruthschild wäre
von dem zuerst von Maier Amschel be<
wohnten Hause „zum rothen Schild" auf die
Familie übergegangen und von derselben bei^
behalten worden. — Auch die Geschichte mit
dem Kleinhandel Anselm Maier's in Han<
nooer ist nicht stichhältig, denn schon Anfelm
Maier's Vater. Amschel Moses, lebte
als Handelsmann in Frankfurt. Sein in
Frankfurt 1748 — 6 Jahre vor Goethe —
geborner Sohn sollte Rabbiner werden und
wurde nach Fürth geschickt, um daselbst jüdische
Theologie zu studiren, welche er aber später
aufgab, um sich ausschließlich dem Handel
zu widmen. Dieser Umstand, daß Mai er
Anselm sich für das Rabbinat vorbereitete,
veranlaßte den bekannten jüdischen Gelehrten
Di-. LetteriS. in der Famlie Rothschild
mehrere gelehrte Rabbiner zu entdecken, wo-
nach denn auch die Annahme des Namens
Rothschild von dem Hause „zum Rothen
Schild" in der Frankfurter Juvengnss«: in
Frage gestellt wäre. da ja schon lange vor»
her, nach einem Memorialbuche zu Worms,
ein Mendel Rothschild (1732) mehrere
Jahre Prediger in Prag, hierauf Rabdiner
in Bamberg, später Landrabbiner in Hessen
und zuletzt Rabbiner in Worms war, wo er
14 Jahre lang das Rabbinenamt bekleidete.
Ein Boas Raphael Rothschild hat
nun ein Werk: „äeksm ka-KeäoUin" ge-
schrieben, in welchem er eine Stammreihe
der Familie in folgender Weise ausstellt:
Isaak Rothschild, Vorsteher zu Frank-
furt a. M.. Salomon Rothschild, Rab»
biner in Würzburg und Friedberg, Mendel
Rothschild, der oberwähnte, Rabbiner in
Worms; Salomon Rothschild in Oet.
tingen und BoaS Raphael Rothschild,
Verfasser obigen Buches. — Alle diese genea-
logischen Ansichten und Ableitungen fallen
aber in Nichts zusammen vor der Mitthei.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rosenberg-Rzikkowsky, Band 27
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rosenberg-Rzikkowsky
- Band
- 27
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 386
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon