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Nothschild) James 127 Nothschild) James
jene der ersten Familien des reichen franzo-
sischen Adels weit überbot. Unter dem Bür»
gerthum gingen die großen Anlehen vom Jahre
1830 zu 80 Millionen, vom Jahre 1831 zu
120 Millionen und vom Jahre 1832 zu
130 Millionen, spätere noch zu höheren Sum-
men durch seine Hände, und wenn auch der
Herzog von Orleans dem Geldfürsten ge»
cenüber eine unbeugsame Sprödigkeit bewies,
so ließ sich nach dessen plötzlichem Tode der
Herzog von Nemours mehr von dem Ge-
bote der Klugheit leiten und spannte die Sai»
ten tief herab, als Rothschild den Nota»
bilitäten der legitimistischen Partei ein glän-
zendes Fest um das andere zu geden begann.
Gin Bündniß des Königs der Börse mit der
Partei der älteren Linie war denn doch zu
bedenklich, und der zu den prachtvollen Festen
in Chantily im Jahre 1841 nicht zugelassene
Freiherr James fand in den Salons des
Herzogs von N em ou rs die zuvorkommendste
Aufnahme. Das in der Gegenwart in Wien
bei finanziellen Unternehmungen durchgeführte
System der Betheilungen der Presse und auch
anderer Personen, deren Einfluß in die
Wagschale fällt, woraus bei dem Mißbrauche
der Gründungen später natürlich eine Cor» !
ruption der öffentlichen Meinung und eine
Unterminirung des sittlichen Haltes ganzer
Körperschaften und ihrer Führer entsprang,
datirt nicht etwa von heuie, sondern ist schon
volle dreißig Jahre alt und stammt aus der
Zeit, als Rothschild im Jahre 1340 den
Bau der französischen Nordbahn übernahm,
welcher in einer Geschichte des europäischen
Finanzwesens unter allen Umständen ein gar
merkwüroigeK Blatt ausfüllen wird. Die
Idee, daß der Staat den Bau der Eisenbahn
übernehme, wurde fallen gelassen und durch
die ungeheuerlichsten Bemühungen deS Haufes
Rothschild war es diesem gelungen, die
ganze Angelegenheit in seine Hände zu be>
kommen. Um aber diesen Zweck zu erreichen,
mußten Parlament und Presse mundtodt ge»
macht werden. Es wurden 300.000 Actien
Z. 300 Francs ausgegeben, wovon die Mit«
glieder beider Kammern 15.000. was einem
Geschenke von sechs Millionen gleichkommt,
und' die Redacteure der einflußreichsten Blätter
je nach ihrer Bedeutenheit 70, 100, 130 Actien
erhielten. Nur der „llationkl" hatte die an-
gebotenen 100 Stück Actien. also 40.V00 Frcs.
Prämie, zurückgewiesen und ließ die"Reusch< i
heit seiner Opposition durch keine Summe
beflecken. Die ganze Angelegenheit wäre wohl j auch trotz der Opposition des ^ztioual" im
Sande verlaufen, wenn nicht der durch den
schlechten Bau veranlaßte Unglücksfall bei
dem Dorfe Fampour die Presse aufgeschreckt
und einen förmlichen Sturm von Flugschrif-
ten heraufbeschworen hätte. ES war nämlich
infolge des schlechten Unterbaues der Bahn
am 8. Juli 1846 ein Zug in der Nähe von
Arras bei dem Dorfe Fampour in einen Teich
gestürzt, wobei 37 Personen todt geblieben
und eine große Anzahl mehr oder weniger
verwundet waren. Die darüber angestellte
Untersuchung blieb zwar resultatlos, aber der
nds«.tioN2l" sprach sein verdammendes Verdict
und in Libellen sehte sich der Krieg gegen
das Haus Rothschild das Jahr über fort
Der berühmte Redner Cormenin oeröffent.
licbte mit seinem „Oi-ärs Hu Hour" eine vehe°
mente, vornehmlich gegen das Bankhaus ge«
richtete Philippika; ein Anonymus, der sich
später als Georges Dai rnwoel l entpuppte,
schrieb: „Tistoiro eäiiiants st ourisiiäs cke
IiotQ5ckii6. I. Kai äs <suitä" 92? 6aia?z,
welche im folgenden Jahre in Berlin in deut-
scher Ueberschung erschien; dann folgten:
^RotliLciüIä I. 8SL valotL st LvQ xsu^Is";
— Zlesnell'ei sVsaw Ha^t.^, Oix Fouls äe
röZns äs Notk50Qilä I., roi cls8 ^uils, ou
uotss pour Lyrvir ä I'IuLtoirs äs I» t'oQclg.-
tiou, äs I2, Älonkrcüie äe cs lzonverkin
(I>KiiL 1846, 8".). Die „HiLtoire eäiüaQts"
fand einen so ungeheuren Absatz, daß inner«
halb zwei Monaten 16 Auflagen in 30.000
Exemplaren verkauft wurden. Aber auch
James blieb die Antwort auf diese Angriffe ,
nicht schuldig; es erschienen, durch ihn verau?
laßt: „RsiooQLS 6s RotkZekilä I., roi äs5
^uilL 2. sktan cleruisr, roi äss IiupostsurL";
— ^vn ^rul au xsupis Qnu^aiL"; — «Dix
Z0U52 äs RöFns äs Ratbsekilä" u. m. a.
Aber wie Alles, so ging auch dieser Sturm
vorüber und Rothschild und sein Haus
erhoben sich in ungebeugter Macht. Während
um ihn das demokratische Element sich immer
mehr und mehr entwickelte und Frankreich
sich einbildete, ein demokratisches Kaiserreich,
wie es jetzt wieder sich einbildet, eine Repu»
blik zu sein, ließ Rothschild sich nicht irre
machen, und nachdem Napoleon I I I . den
Pereire'schen und Mires'schen Schwinde!
großgezogen, um dessen Fall zu erleben,
behauptete Rothschild ungebrochen seine
Macht und Napoleon I I I . reichte dem
Eelofürsten auf seinem Schlosse Ferriöres die
Hand zum Frieden. Dak Haus Rothschild
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rosenberg-Rzikkowsky, Band 27
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rosenberg-Rzikkowsky
- Band
- 27
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 386
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon