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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rosenberg-Rzikkowsky, Band 27
Seite - 155 -
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Nott 153 Nott Verfolgung entmenschten Kaste. Wir wüßten nicht, warum eine solche Gestalt nicht dra« malisch imposant sein sollte, so wie sieRott gab?" Saphir schildert noch weiter die Rott 'sche Auffassung desShylok swer diese DidaSkalie lesen will, siehe „Humorist" 1840. Nr. 129. S. 514 u. f.). Recht bezeichnend ist, was Saphi r über Rott 's „König „Lear" schreibt. Nachdem Saphi r eine eiw gehende Charakteristik Lear's gegeben, bemerkt er. zu R o tt'6 Darstellung dieser Rolle über» gehend: „Mehr als je feierte Rot t in seiner Leistung die Versöhnung zwischen Form und Inhalt, die Eintracht zwischen dem Leibe der Darstellung mit dem Geiste des Dichters. Auch nicht einen Augenblick hob er die Har« monie zwischen deni Körper seines materiellen Vorwurfes und der Seele seiner ihn durch» geistigten Phantasie auf. Es gibt im Lear Augenblicke, wo der Darsteller verleitet wird. die Natur von dem Idealen rücksichtslos losreißen zu lassen und in jenen Ueberschwang zu gerathen, der die Natürlichkeit übermannt, die Wahrheit trunken macht und sie dann zu seinen Gelüsten mißbraucht und dann wieder andere, in welchen er den bewußten Geist in Bande wirft, die dämonische Ge» waltsamkeit und Zügellofigkeit des wilden Natur» und Thierlebens im Menschen aus seinen tiefsten Schlupfwinkeln auejagt, und ihnen volle Herrschaft und tollartige Willkür über das ganze Seelenleben einräumt. Bei» des führt zur Unnatur, zur Verzerrung, und in keinem solchen Momente kann die Urschöne der dichterischen Idee ihre künstlerische Wie. dergeburt feiern. Rott vereint Beides, indem er aus feinem reichen und vollen Kunstschachte das tiefste Seelenleben dieses Lear's heraus« holte mit seinen Lichtern und Dunlelstellen, mit seinen Klärungen und Verworrenheiten, mit seinen durchleuchteten Falten, mit seinen transparenten Schwächen, mit seinen riesigen Formen, mit seinen Dissonanzen voll Har» monie und mit seinem unendlichen Chaos voll unendlicher Weltordnung. Und das Alles ordnete, bildete und schuf Rott zu einem kolossalen Nacht- und Lichtstücke voll geheim« nißvoller und doch enthüllter göttlicher Macht, voll Klarheit der Idee inmitten all' der Ver« worrenheit des Gemüthes, voll nackter Him< melswahrheit inmitten all' der verhüllten Geisteslüge. voll erhabener und erschütternder Wirkung inmitten all' der zerrissenen und zerreißenden Schreckbilder und gnomhaften Schauern aller Lebens« und Elementarschreck' nisse! Aus dem Gesagten mag der Leser ent< nehmen, wie ganz, wie unzerstückt, wie rund und gediegen die Leistung war, und deßhalb citiren wir nicht diese und jene Scene, diesen oder jenen Punct, denn „sagt AlleS nur in Allem", es war ein Lear. jeder Zoll ein Lear," — Besonders charakteristisch ist das Urtheil von Feodor Wehl über Roit : „Der Grundstein aller Schöpfungen Rott 's" . schreibt Wehl. „ist Originalität. Originalität ist die Eigenschaft bei Rott . die die Trom, mel schlägt und alle übrigen Eigenschaften auf den Sammelplatz ruft Das Ori» ginelle ist der Humor Gottes, der Humor in der Natur, wie in der Weltgeschichte, Ongi« nalität schreibt sich von Gottes Gnaden. Darum ist das Originelle selten. Originalität aber ist unspeculativ, uncalculirend, unklug aber sie ist stark, mächtig, angestammt und flammengetragen. Originalität ist ein Don Quirote, der durch die Ewigkeit trollet. Ori' ginalität ist jovisstark und michldumm. aber auch in der größten Dummheit wie ein Zeus. Die platte, calculirende Mittelmäßigkeit setzt sich die Brille des Verstandes auf die Nase und guckt auf die Landkarte der Kunst. Sie sucht die besten Straßen, die bequemsten Nachtquartiere aus und sieht auf alle Weg. weiser, daß sie ja ihr Ziel nicht verfehlt. Die Originalität aber kann sich mit den rothen, gelben und grünrn Strichen nicht zurechte finden und springt in's Blaue hinaus. Auf allen Wegen läuft sie dem Frühlinge nach durch Dorn und Distel, und Nachts schläft sie auf der Haide. Da schlagen die Nachti» gallen. da gehen die Sterne, da rauschen die Wasser darein. Originalität schüttelt die Locken zurecht und agirt ihren Romeo. Aber auch in Regen. Sturm und Wetter liegt sie dräu. ßen, die Haare hängen triefend über die Stirne, die Glieder zittern, das Gesicht zahn« schlottert, aber sie reckt sich. schlägt ihre Lum. pen über die Schultern und tragirt genialisch den Lear: „Blast. Winde sprengt die Backen! wüthet! blast! Ihr Wolkenbrüche und Orkane speit . . . . Die liebe Mittelmäßigkeit liegt derweil schläfrig im Bette und räckelt sich. Rott ist eine Originalität, darin wurzeln seine Vorzüge, seine Schönheiten, wie seine Fehler. Nur von diesem Standpunkt,: aus - kann Rott richtig und gründlich beurtheilt werden. Mir wird übel. wenn ich Rot t lobhudeln höre. Man schlägt dabei so plump auf seine Schönheiten los, daß der Farben, staub, der auf ihnen liegt, davon vernichtet
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Rosenberg-Rzikkowsky, Band 27
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Rosenberg-Rzikkowsky
Band
27
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1874
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
386
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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