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Salm Salm
veröffentlichten Dichtungen wendete sich zu«
nächst die Aufmerksamkeit auf die junge Dich«
terin, welcher der berühmte Dichter Chenier
den Namen der Muse der Vernunft beilegte.
Noch mehr Aufsehen erregte sie, als sie als
Anwalt der schriftstellernden Frauen auftrat,
dazu bewogen durch eine Stelle in einem von
Iebrun verfaßten Gedichte, mit welcher der
Poet mit dem feinsten Sarcasmus die Blau«
strümpfe abfertigt. Die Zeile lautet: „Die
Tinte steht nicht gut auf Rosenfingern" (I'suvi-O
sisä ui»,I Hux äoißtg äo ro5s). Die Dichte»
rin schrieb aus diesem Anlasse die geistsprü»
hende Epistel an die Frauen (svitrs eux
keiv.iu.eL), welche sie im Lyceum unter 3 a
Harpe's Vorsitz öffentlich vorlas. So stieg
iht Ruf immer mehr und mehr, und während
der Revolution fand sie eine Zuflucht in der
Abgeschiedenheit der Wissenschaften, denen sie
sich mit allem Eifer hingab. Die Ehe mit
ihrem ersten Manne Pipelet, der Arzt war.
wurde getrennt. Im Alter von 33 Jahren
vermalte sie sich zum zweiten Male. Der
Fürst Sa lm, der sich von seiner ersten Ge«
malin, einer gebornen Hatzfeld, geschieden
hatte, hinsichtlich des Geschmackes und Cha<
rakters fast selbst ein Franzose, besaß eine
gediegene Bildung und unter den gelehrten
Botanikern einen geschätzten Namen. Die
neue Heirath änderte nichts in ihren literari»
schen und ästhetischen Neigungen und sie blieb
denselben bis in ihr hohes Alter treu. Außer
zahlreichen Flugschriften, bei deren mancher
ihre Autorschaft nicht feststeht, hat sie her«
ausgegeben: „LapMo, oxsrg. on troi'2 2.otb8"
(?2ii2 1795, 8<>.), die Musik dazu compo»
nirte Mar t i n i ; — „NioFy kiätorigus äs
III. 7^. ZHäaine" (1797, 8<>.); — „Vvttrs aux
tornmss«, 2 Bde. (1793, neue Aufl. 179..
5igus)" (1797); — „V6I-8 Lur 162 äiLLYA.
LIOQS äs FLN3 ä» Istrrb5 . . ." (1798, 120.);
— „kaxpolt gur äo ÜHUI-5 k>.rtiüols1i65 äs
21. Noux HloutkFnko" (1799, 12".); — „N2V-
Vort Lur I'ouvlHßL äy Nlr. i'nsrsiQiii inti-
tu.16: vo 1a. oonclition äse tsnnntzg öll>,QL
uns rsMbiiyus" (1800, 8».); — ^OauiillL
on 1'kmitio et lNVrQayu.ee, ä.rlucuo sn5 aoto2
eu, vsrs" (1800, 8".); — „VI030 ^istoriguo
äs ?. KHviQiss . . . " (1802, 8«.); — „NpitrH
sur lo luariKFo..." (1802, 8°.); — „V1oF08«,
— ^DiLLourä 2,o2äoNi^U65", zwei Samm«
lungen ihrer literarisch'ästhetischen und ata«
demischen Vortrage; — „I>en8ss2" (1838).
auch deutsch (DüsseloorfI838, 8».); — ^Vinzt- cl'uus (
i-is 1825), auch in deutscher Uebersetzung
(Crefeld 1825); — „Üls« Loixants 2.NV.6S8
au. IQS2 3ou.vsQir3 i»oIiti^U65 st littSrkilftI"
(1833, 3".). Außerdem mehrere Aufsätze in
periodischen Blättern. Das Lituraturblalt
Nr. 41 des Jahrganges 1320 des Stuttgarter
„Morgenblattes" erörtert die Frage, ob sie
die Verfasserin der Flugschrift: „Hpiti-e 2 un
Iionusts komm» gni veut ä.svsQir illtriFHQt"
(I»ariL 1820) sei? Als Schriftstellerin nimmt
die Fürstin in der französischen Literatur eine
hervorragende Stelle ein, Beweis dessen die
starke biographische Literatur über diese Dame,
welche weiter unten verzeichnet steht. Ihre
leichten Poesien, ihre Theaterstücke, ihre oer».
schiedenen prosaischen Arbeiten tragen den
Stempel eines scharf beobachtenden, nicht
, gewöhnlichen Geistes. In ihren verschiedenen
Schriften entfaltet sie einen ' Gedankenreich»
thum in den glänzendsten und mannigfaltig»
sten Formen. Liebe für Wahrheit und Vater,
land. tiefes Sittlichkeits- und Gerechtigkeits»
gefühl und ein stolzer Unabhängigkeitstrieb
sprechen aus jeder Zeile. Die Fürstin wurde zu
ihrer Zeit viel gewürdigt. Sollte sie auch zu
Eugene S u e's nKlaäs.rQS ?iMst" als Vor-
bild gedient haben? Nicht weniger bedeutend
wie als Schriftstellerin war sie als Frau.
In der Nahe von Düsseldorf, wo sie auf
dem Stammschlosse Dyck ihres zweiten Ge«
mals viele Jahre lebte, ist das Andenken an
die seltene geistvolle Frau noch nicht verschol-
len. Sie war von ungewöhnlicher Schönheit
und hatte ein musterhaftes Leben geführt.
Jedoch wollte man wissen, daß sie in ihrer
Jugend als Gattin ihres ersten Mannes in
der ersten Revolution die Göttin der Ver«
nunft dargestellt und spater bei einem Mit»
tagsmahle als S app h 0 im antiken Gewände,
welches ihre körperlichen Reize mehr als
gewöhnlich hervortreten ließ, die keuschen (!)
Republikaner entzückt.habe. Als Bewohnerin
des Schlosses Dyck genoß sie der allgemeinen
Achtung und Verehrung. Als sie starb, oer»
loren die Armen an ihr eine große Wohl«
thäterin. Ihre Ehe mit dem Fürsten Salm,
den sie beinahe um 20 Jahre überlebte und
der aus seiner ersten Ehe mit der Gräfin
Hahfeld mehrere Kinder hinterließ, war
kinderlos geblieben. Schließlich sei noch be»
merkt, daß sie Mitglied vieler gelehrten Ata«
demien gewesen,^ ^aHouestts^ l^ea/l ^
F>anj?ois), Notiob bio3rA.Pina.u2 sur
äs saiN-v^clc (ra.ri2 1842,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Band 28
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Saal-Sawiczewski
- Band
- 28
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 414
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon