Seite - 192 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Saal-Sawiczewski, Band 28
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Sanguszko 192
Blatte den Verlauf dieser Schlacht als
Augenzeuge, als welcher ei an der Seite
des Generals C h l o p i c k i in dem
Augenblicke sich befand, als eine bev
stende Granate das Pferd deS Generals
im Bauche verwundete. Nach niederge-
worfenem Aufstande begab sich Fürst La«
dislaus, schwer betroffen von dem Ge-
schicke, dem sein Vaterland verfallen war,
nach Galizien. wo er sich auf seinem
Schlosse Gumniska nächst Tarnow nieder-
ließ und in der Verwaltung seiner Güter
den Schmerz um daS verlorene Vater,
land wenn nicht zu vergessen, so doch zu
betäuben suchte. Weniger glücklich war sein
Bruder Roman, der, in Gefangenschaft
gerathen, nach dem Kaukasus gebracht
wurde, wo er viele Jahre in den Straf«
compagnien arbeitete, bis er. ein Krüp«
pel, heimkehrte. Sein Biograph gibt eine
interessante Charakteristik des Fürsten
3a dislaus, als dieser, wenngleich die
europäischen Geschicke mit Aufmerksam»
keit verfolgend, sich bei seinen landwirth»
schaftlichen Geschäften in eine Passivität
hineinlebte, aus ^welcher nur seine Liebe
zu dem geknechteten Vaterlande und sein
religiöser Glaube als tröstende Lichtftrah.
len hervorbrachen. So lebte S. viele
Jahre, ferne von aller Theilnahme an
den politischen Bewegungen, welche Oefter»
reich hin- und herwarfen, bis ihn das
Ministerium Schmerl ing in den con-
stitutionellen Rath der Krone berief, denn
am 48. April 1861 wurde Fürst 3 adis-
lauS zum erblichen Mitgliede des Her»
renhauseS ernannt, worauf ihm spater
noch die geheime Rathswürde verliehen
wurde. Im Herrenhause des Reichsrathes
trat der Fürst wohl einige Male als
Redner auf, doch nur ein paar Male
gelang es ihm, die Aufmerksamkeit des
Haufes zu fesseln, das eine Mal, als er,
über die Aufhebung der Frohne sprach l und der liberalen deutschen Partei gegen»
über die Vergangenheit seiner Nation
gegen die ihr aufgebürdeten Anschuldi"
gungen in Schutz nahm, ein zweites Mal,
als er gegen die Aufhebung des Concor-
dateS das Wort ergriff, ohne jedoch trotz
deS tiefreligiösen Gefühles. daS ihn in die«
ser Angelegenheit gegen die Zeitströmung
ankämpfen ließ, einen Erfolg zu erzielen.
Und nur wenige Wochen vor seinem
Ableben richtete er. nachdem ihm der
Präsident des Herrenhauses, als dieser
dem Hause das neue Cabinet vorstellte
und der Fürst sich daS Wort erbat, das»
selbe aus formellen Gründen verweigert
hatte, einen offenen — in der „Politik"
1870, Nr. 46, abgedruckten — Brief aw
seine Collegen, worin er gegen den
Ministerrath, der lediglich aus einer
Nationalität gebildet war, als ein ebenso
„unpolitisches wie ungerechtes Antece-
dens" Protest erhob. Zehn Wochen spater
warder Graf, der sich
zu seinem in Cannes
krank darniederliegenden Sohne begeben
hatte, nach einer nur kurzen Krankheit
derselben im Alter von 67 Jahren erlegen»
Der Fürst, einer jener polnischen Pala«
dine, die wie ungebrochene Säulen aus-
den Ruinen des alten zertrümmerten
Polenreiches emporragen, war nicht nur
eine Zierde semeS Standes überhaupt,
sondern des österreichischen Magnaten-
thums insbesondere. Stolz auf seine
katholische Ueberzeugung, sie war mit
feinem Wesen, seinem Denken und den
Erinnerungen an die Vergangenheit eineS.
untergegangenen Staates zu enge ver«
flochten, verleugnete er nie, entgegen den
anderen Sprechern und Führern seiner
Partei, die österreichische Loyalität, und-
ohne gegen das Deutschthum feindlich
gesinnt zu sein, verlangte er in einem aus-
o verschiedenen Volksstämmen zusam»
mengesetzten Staate in den Lenkern der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Band 28
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Saal-Sawiczewski
- Band
- 28
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 414
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon