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Saphir 213 Saphir
Schulden, die er seinen Vater bezahlen
lieh. Einmal, als ei längere Zeit abwe»
send war, schrieb er nach Haufe um Geld;
alS er keines erhielt, bombardirte er den
Onkel taglich mit Briefen, der, um sich
den lästigen Neffen vom Halse zu schaffen,
sich endlick herbeiließ, ihm 100 st. zu
senden. Durch ein Versehen gab aber der
Onkel diesen Auftrag an zwei Hauser, so
daß Saphi r zu gleicher Zeit 200 st.
erhielt. Von diesen war in wenigen Tagen
nichts mehr zu sehen und der Onkel
konnte um die Rücksendung der zu viel
geschickten 100 st. viele Briefe schreiben,
er erhielt von S. doch keine Antwort.
Nachdem mehrere Briefe, in welchen er
die Rücksendung des Geldes verlangte,
erfolglos geblieben waren, so schrieb der
Onkel: er solle daS Geld immerhin be
halten, aber doch nur mittheilen, daß er
es bekommen habe und somit nicht ver-
loren sei, nun antwortete Saphir ganz
kurz: „er hätte ihm nur zeigen wollen, wie
eS thue, mehrere Wochen umsonst um hun«
dert Gulden schreiben zu muffen". Dieser
an und für sich komische Zug charakterisirt
am treffendsten den frechen Cynismus,
der ein Hauptmerkmal seines Charakters
-war. I n Pesth, wo er die in Prag ve«
gonnenen Studien der modernenSprachen
mit jenem der lateinischen und griechi-
schen vertauschte, begann S. zu schrift-
stellern. Den ersten Aufsatz schickte er
an Näuer le, den damaligen König
der Zeitungspreffe in Oesterreich. Als
Bäuerle den Aufsatz gelesen, sandte er
denselben an Saphi r mit det' Bemer«
kung zurück, er nehme keine Auszüge aus
Classikern auf, sein Blatt heiße ein Ori»
ginalblatt. Diese Antwort lautete für
den Verfasser ebenso kränkend, wie ermu»
thigend. Dabei übte der damals noch
junge Autor sein von Natur außerordent-
liches Gedächtniß, und man erzählt, daß er ganze Seiten der modernen und alten
Schriftsteller aller Nationen nach ein-
maligem Lesen zu wiederholen im Stande
war. Es erklären sich aus diesem Um-
stände seine an daS Wunderbare grenzen«
den Citate in seinen flüchtigsten Auf.
sätzen und die Beschuldigung, die man
gegen ihn erhob, er habe viele seiner
besten Gedanken genommen, wo er sie
ebcn gefunden. Er hatte sie nicht erst zu
suchen gebraucht, er trug sie immer in
seinem Kopfe herum. Als später sein
Vater nach Moo? übersiedelte, fand S.
im Hause einer dort lobenden graflichen
Familie (Lamberg, n. A. Lambert)
die wohlwollendste Aufnahme, und in
dieser Zeit entstanden seine „poetischen
Erstlinge" ftie bibliographischen Titel
seiner Schriften siehe S. 221. in den
Quellen), auf welche Adolph Mül lner .
der damalige Matador der deutschen
Kritik, im Literaturblatte seiner Mitter«
nacht-Zcitung" aufmerksam machte und
namentlich den I e a n Pau l'schen Geist,
der aus diesen Arbeiten sprach, betonte.
Diese Anerkennung weckte die Lust zum
Schaffen und S. begab sich wieder nach
Pesth, wo er an der von dem Grafen
Festet icS begründeten ,Pannonia"
bald alS Himptmitarbeiter durch seine
lyrischen und humoristischen Gedichte,
seine Kritiken, Papilloten und insbeson-
dere seinen Argonautenzug nach der
Margaretheninsel Aufsehen erregte. Seine
Gegner, durch diese Erfolge gereizt.' be»
schuldigten ihn schon damals deS Pla-
giatS, namentlich die Papilloten als
Blüthen, auSJean Paul'schemGrunde
gerissen; aber Saphi r erwiederte auf
olche Anschuldigungen mit neuen und
noch originelleren Variationen dersel«
ben Themata. I n diese Zeit fällt seine
Variation der falschen Catalam im rab«
bini-sch.jüdischen Dialekte, welche atzende.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Band 28
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Saal-Sawiczewski
- Band
- 28
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 414
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon