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Haurau 280 Saurau
der inneren Verwaltung und hob ihn
schnell zum Regierungspräsidenten in
Wien und zum Finanz- und Polizei«
minister, in beiden Verwaltungszweigen
gerade nicht zum Besten der Monarchie.
Die Einflüsse der französischen Revolution,
die Befreiung der Geister von den Fes-
seln, welche in menschenentwürdigender
Weise Staat und Kirche über ihre Völker
geschlagen, schritten unaufhaltsam vor>
wärts; geheime Gesellschaften, nicht immer
die lautersten Wege einschlagend, nicht
immer zu billigende Zwecke, die mit noch
weniger zu billigenden Mitteln erreicht
weiden sollten, verfolgend, begannen sich
zu bilden; der IacobiniSmus schritt, ein
Gespenst widerhaarigfter Art, durch den
Contment und in Wien war die Iacobi«
nerriecderei zu einem Verdienste geworden,
auf daS die einzelnen blöden Pfahlbürger
stolz waren. Kurz, eä begaben sich Dinge,
die man nicht glauben würde, wenn sie
nicht urkundlich erhärtet wären. sVer«
gleiche die Lebensskizze Prandstätter.
Bd. XXI I I , S. 192.) Kein ordentlicher
Gerichtshof untersuchte und prüfte die
Verschwörungen. und als diese für die
Eriminaluntersuchung geeignet erklart
wurden, Hai man der aus zwei Magi«
stratSräthen —denn diese waren damals
die Criminalräthe — zusammengesetzten
Commission den Grafen Saurau , den
a.ä latus deS Polizei«Präsidenten, als
Präsident vorgesetzt, so daß diese Com-
misfion Kläger und Richter in einem
Körper vorstellte! Gewiß ist es. daß,
wahrend der Graf durch sein Verhalten
gegen seinen Jugendfreund Prandstat«
ter sich für immer geschändet hatte, er
andererseits durch seine Wachsamkeit und
seine nach allen Richtungen vertheilten
Spione manche Gefahr beseitigt und
manche unüberlegte That fceiheitsdur-
stiger Gcheimbündür im Keime erstickt habe, und französische Quellen stehen
nicht an, zu sagen, daß er, so weit
es die drohende Gefahr und die rück«
sichtslose Strenge Thugu t 'S ihm
ermöglichten. die individuelle Freiheit
respectirt habe. Aber, daß er eine der
Haupttriebfedern dieser ConspirationS»
fabrik von 4794/93 gewesen, darüber ist
kein Zweifel mehr, und sein oft wie im
Scherze wiederholtes geflügeltes Wort,
daß sein „Freund" Norn , der geistvolle.
l791 gestorbene Naturforscher Born
»Bd. I I , S. 74) .durch den Tod ihm
entronnen sei", wurde von seinen Freun-
den lange noch nach seinem Tode als
Beleg seines rücksichtslosen Patriotismus
aufgetischt. Indessen gestalteten sich die
Verhältnisse der Monarchie bei dem immer
siegreicheren Vordringen der Feinde nur
bedenklicher. Von allen Seiten wurden
heimlich und öffentlich revolutionäreFlug«
schriflen u. s. w. unter das Volk vertheilt
und dasselbe zum Aufstande aufgerufen;
sogenannte patriotische Versammlungen
bildeten sich, in welchen die Massen be»
arbeitet wurden; in diesem verhangniß»
vollen Momente wagte es der Graf, die
öffentliche Meinung durch sich selbst zu
bekämpfen. Es war am 4. April 1797,
als derRegierungs-PrasideniGrafSa u-
rau, nachdem Mantua in die Hände
der Franzosen gefallen und der Feind
bis in das Herz der Steiermark gedrun-
gen war. die Bürger WienS aufforderte,
jene muthvolle Treue wieder zu bewei-
sen, welche ihre Altvordern in so mancher
drohenden Gefahr siegreich bewiesen
haben. Cin allgemeiner Landsturm in
den Vierteln ober und unter dem Wiener
Walde, wie die schnelle Approvisionirung
Wiens und die Anlegung eines großen,
verschanzten Lagers wurden zur Vertheidi»
gung der Stadt und des Landes beschlos»
sen und zu gleichem Zwecke die ungarische
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Band 28
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Saal-Sawiczewski
- Band
- 28
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 414
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon