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Saurau 281 Saurau
Insurrection aufgeboten. Am 6. April
versammelte der Graf S a u r a u auf
dem Rathhause alle Grundgerichte, alle
Innungsvorsteher und den ganzen äuße-
ren Rath. Seine Rede weckte allgemeine
Begeisterung und die Einschreidung zur
Landesvertheidigung hatte den schnellsten
Fortgang. Die Bürger, welche ihr Eid
zur persönlichen Vertheidigung verband,
stellten ihre Söhne, Diener, Gesellen,
kleideten, bewaffneten und verpflegten fie
auf ihre Kosten; die Studenten, von dem
damaligen lisotor rnaFniäclus Quar in
>M. XXIV, S. 436) angefeuert, wett-
eiferten, in die Reihen der LandeSver-
theidiger zu treten; der Commandirende
von Innerösterreich, Ferdinand Herzog
von Wür t temberg, schrieb sich als
Freiwilliger in die Listen ein und am
42. April, also im Zeitraume von acht
Tagen nach Saurau'S Aufforderung,
waren 37.600 Mann zum Ausrücken
bereit. Der Adel, die Bürger. Reiche
und Arme wetteiferten, sich an Gemein«
sinn zu überbieten. Die Innung der
bürgerlichen Tischler z. B. stellte allein
fünf Compagnien. 1300 Mann stark,
die sich durch einen besonderen Schwur
verbunden hatten, nicht von einander zu
weichen und jeden Feigen für immer auS
ihrer Mitte auszuschließen. Noch heuti«
gen TageS führen fie bei der Frohnleich-
namS«Procession jene Aufgebotsfahne,
an welcher sie den Eid für das Vater»
land geschworen. Nun, wenn man aber
auch dem Grafen Saurau die Initia-
tive dieser That nicht bestreiten kann, so
ist der Erfolg doch der glänzendste Be«
weis, wie alle Revolutionsgerüchte, wie
alle Iacobinerriecherei weitaus übertrie«
ben, ja im Ganzen ohne eigentlichen
Grund waren, da das entfesselte Volk seine
Treue in so glänzender Weise erprobte.
Die Friedenspräliminarien von Leoben machten alle diese Beweise einer begeister«
ten Vaterlandsliebe überflüssig, aber der
Graf hatte sich durch dieses Vertrauen
auf ein Volk. das er früher mit Polizei,
lichen Vexationen auf daS Grausamste
geplagt, eine ungeahnte Popularität
gewonnen, der Kaiser aber belohnte ihn
durch Verleihung deS ungarischen Indi<
genats und die Donation der Güter
Merczidorf und Zsadany im Temeser
Comitate. Nun erhielt der Graf den
Auftrag zur Wiedererrichtung der There«
sianifchen Ritterakademie, welche Kaiser
I oseph I I . im Jahre 1782 aufgehoben
hatte. So trat denn diese für die Erzie»
hung deS Adels bestimmte Anstalt am^
1. December 1797 wieder in'S Leben.
Auch übernahm er noch im nämlichen
Jahre daS Ministerium der Finanzen.
Aber der Krieg, einer der kostspieligsten,
welchen Oesterreich jetzt zu führen hatte,
griff die StaatScaffen in empfindlichster
Weife an und der Graf ließ, als er sein
Amt niederlegte, die Finanzen in einem
beklagenswerthen Zustande zurück. Der
am 17. October 1797 geschlossene Friede
war im Grunde doch nichts mehr, als
ein längerer Waffenstillstand, denn eS
galt zu einem neuen Kampfe sich vor«
bereiten. Da man Geld brauchte, griff
Freiherr von Thugut zu dem ihm von
einem alten belgischen Beamten angera«
thenen Mittel einer Vermehrung der
Bankozettel. Dagegen eiferte zwar Graf
Saurau auf das Entschiedenste, aber
die damals noch ungebeugte Macht Thu«
gut'S behielt die Oberhand. Als dann
vor dem Luneviller Frieden (9. Februar
180!) Baron Thu gut aus dem Mini«
sterium und Erzherzog Kar l an die
Spitze der Verwaltung trat, mußte auch
S. seinen Posten verlassen und wurde
als Botschafter zur Krönung des Kaisers
Alexander I. nach Moskau utzd von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Band 28
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Saal-Sawiczewski
- Band
- 28
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 414
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon