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Scarpa Scarpa
ren anatomischer Präparate, deren er
für den Professor der Geburtshilfe,
Calza. in Wachs, vornehmlich zur
Anatomie der weiblichen Geschlechtstheile,
arbeitete. Als später Morgagni in
den Armen seines Zöglings an einem
Schlagfiuße starb, hielt es auch S. nicht
mehr in Padua und er begab sich nun
nach Venedig, um daselbst sein ärztlich-
chirurgisches Wissen zu verwerthen. Da«
selbst erhielt er durch Vandel l i . den
Leibarzt des Herzogs von Modena. die
Einladung, dahin zu kommen und an der
eben wieder ins Leben gerufenen Hoch»
schule über Anatomie und chirurgische
Institutionen vorzutragen. Nach länge«
rem Zögern entschloß sich
S. zur Annahme
dieses Antrages. Seine Vortrage erreg,
ten bald Aufsehen, auch wurde er in
Kürze zum ersten Chirurgus des Militär,
spitals ernannt und konnte nun als sol.
cher seine geistvollen Vorträge praktisch
beleuchten. Ueberdieß hielt er jedes Jahr
einen Curs chirurgischer Demonstrationen
am Leichnam. Als nach dem Tode des
Herzogs Franz I I I . Hercules HI.
die Regierung übernahm und dieser in
der öffentlichen Verwaltung, wie im
Nnterrichtswesen mehrere Reformen vor»
nahm, erbat sich S. die Erlaubniß zu
einer Reise nach Frankreich und England,
um sich mit dem Zustande der medicini«
schen Studien in den genannten Ländern
vertraut zu machen. Er lernte auf diesen
Reisen die Koryphäen seines Wissens«
zweiges kennen, machte dabei die in«
teressantesten Studien und Forschungen
und m Paris erörterte er selbst in der
medizinischen Gesellschaft seine anatomi«
schen Beobachtungen über das Geruchs«
organ und die demselben zunächst liegen«
den Nerven und ein anderes Mal trug
er seine Beobachtungen vor über das
Aneurysma. Im Frühjahre 1731 reiste er nach London, wo er Hunter und
Pott kennen (ernte und auch Einsicht
nahm in die dort übliche Behandlungs-
weise mancher Krankheit, die ihm noch
fremd war. Gegen das Ende des Jahres
1782 kehrte S. wieder auf seinen Posten
nach Modena zurück, wo er bereits ein
SchreibenBrambilla's^Bd.II,S.1081
aus Wien traf, in welchem ihn dieser im
Namen des Kaisers I o seph I I . einlud,
falls er geneigt wäre, die Dienste des
Herzogs von Modena zu verlassen, unter
sehr vortheilhaften Bedingungen die
Lehrkanzel der Anatomie an der Hoch«
schule zu Pavia zu übernehmen. Dieser
Antrag kam überdieß nicht ganz uner-
wartet, da Scarpa den kaiserlichen
Leibarzt bereits in Paris kennen gelernt
hatte, wohin dieser mit dem Kaiser
Joseph I I . gekommen und mit Scarpa
in engeren Verkehr getreten war. Der
Antrag war wirklich ein glänzender und
selbst von wissenschaftlichem Gesichts-
puncte ein unter allen Umstanden höchst
vortheilhafter; aber die Dankbarkeit, die
ihn an seinen bisherigen Gebieter fesselte,
machte eS ihm schwer, sich in dieser Sache
selbst zu entscheiden, und mit dem ganzen
Freimuthe des Mannes von Herz und
Geist legte er seine Angelegenheit dem
Herzoge zur Entscheidung vor, der groß«
herzig genug, so schwer eS ihm selbst siel.
den Gelehrten zu verlieren, ihm zuredete,
dieses schöne Anerbieten anzunehmen.
S. begab sich nun nach Pavia, wo er
ssine Vortrage mit einer Festrede, welche
spater gedruckt wurde, eröffnete. Wie in
Modena, so fehlte auch in Pavia ein
anatomisches Theater, um die Vorträge
praktisch am Leichname zu beleuchten,
ebenso ein Prosector. Scarpa stellte
sofort ein Verlangen auf beide, welches
auch erfüllt wurde, und bald hatten seine
Vorlesungen einen ungeheuren Zulauf.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon