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Schaitterger 9l Schaitberger
selben. Sein Bruder, Ortsschullehrer,
unterwies ihn im Lesen, Schreiben und
Rechnen. Später wurde er wis sein Va»
ter Bergmann und übernahm nach dessen
Tode das kleine Bauerngut, das er mit
seinem Weibe Magdalena Kemmlin
aus Berchtesgaden bewirthschaftete. Als
im Jahre 1686 im salzburgischen Teffer«
eqgerthal die Religionsbewegung, wel'
cher sich auch S. angeschlossen, ausbrach,
wurde S. in Ketten vor das Hofgericht
nach Salzburg geführt, und da er frei«
müthig seine Aussagen machte, zwei Mo«
nate hindurch iin härtesten Gefängniß
gehalten, während welcher Zeit zwei
Kapuziner vergebens seine Bekehrung
versuchten. Er mußte nun sein Bekennt«
niß schriftlich aufsetzen, wurde dann zur
Buße zwölf Tage lang bei Wasser und
Brot eingesperrt, hierauf entlassen und
mit Zurückbehaltung seiner Kinder (drei
Töchter) und Confiscation seines Ver-
mögens für ewig, nebst mehreren Tau»
senden seiner Landsleute, aus seinem
Vaterlande verwiesen. S. wanderte nun
nach Nürnberg und stahl sich zweimal,
um seine Kinder und Anverwandten ab»
zuholen. heimlich und mit Lebensgefahr
in's Salzburgische, und erst auf der
zweiten Reife, die erste war erfolglos
gewesen, hatte er seinen Bruder, dessen
Frau und dessen zwei Töchter glücklich
aus dem Lande gebracht. Von seinen
eigenen Töchtern reiste in der Folge
eine heimlich nach Nürnberg, in der Ab»
ficht, ihren Vater wieder zum katholi-
schen Glauben zu bekehren, was ihr nicht
gelang, wohl aber gewann der Vater sie
für seine Lehre. Sie ließ nun ihren Mann
und ihr Vermögen im Salzburgischen
zurück und blieb bei ihrem Vater im
Nürnbergischen, wo sie sich kümmerlich
mit Stricken ernährte. Schaitberger
fristete in Nürnberg sein Leben von Tag» löhnerarbeit, bis er endlich eine Pfründe
im sogenannten Karthäuserkloster der
zwölf Brüder erhielt, in welchem er im
Alter von 73 Jahren starb. Nach dem
Tode seiner ersten Frau heirathete S. zum
zweiten Male eine Nürnbergerin, Katha<
rina geb. Bröhenberger, welche
ihm vier Söhne gebar. Bald nach seiner
Verbannung aus der Heimat gab S.
heraus: „Guangrlischer Zendbrüt (Schwa-
bach 1688. 1710 und noch öfter; oft
auch nachgedruckt). In seinen letzten
Lebensjahren erschienen noch von ihm:
„Gllttlieb's tägliche Gedanken, ws iZt Mubi-
ger Christen geistliches Hank- nnlt Orbetbüchlein"
(Nürnberg 1729 und 1731 und noch
öfter, 12^.); — „Neu vermehrter eillUße-
liZcher Senübnek, darinnen 2Ä nützliche Niichrr
enthalten; geschrieben an die Vllnbälente in Salz-
bnrg und andere gute Freunde u. L. V., 5ammt
einem Anhang" (Nürnberg 1732, 8".); —
„Schreiben an den Herrn Seniur Samuel Url»
5sterll.er in Augsburg ans Nürnberg den
39. August N33"; — „Schreiben an Herrn
Dr. Schell harn nN5 Nürnberg uum H. 3än>
ner NZ3". Die in der obgenannten
Schrift erwähnten 24 nützlichen Bücher
erschienen früher in einzelnen Blättern
und Bogen ohne Iahrzahl und Druck»
ort unter verschiedenen Titeln» als:
„ChristlichesReligionsgespräch vom wah»
renund falschen Christenthum", — „Ein
Tractätlein vom Jünglinge und alten
Manne". — „Geistlicher Chriftenspiegel",
— „Die güldene Nährkunft der Kinder
Gottes", — .Nützliche Todesgedanken",
— „Evangelische Sterbeschule", — „Die
buhschallende Gerichtsposaune". — „Die
vier Religionsfragen", — „Tractätlein
von derKindcrtaufe", —„Von englischen
Erscheinungen", — „Antwort aus einen
Briefeines Nicodemiten" u. s.w.. u. s.w.,
welche Schriften in vielen Tausenden von
Exemplaren verbreitet wurden. Schalt«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon