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Hchiedermayr 270 Schiedermayr
Bayern. Dieß geschah am 24. März 1802,
am Feste des heil. Benedict. Er befand
sich an diesem Tage zu Fahrnbach, einem
Benedictmerstifte am Inn in der Nahe
von Schärding, um beim feierlichen Hoch-
amte auf dem Mufikchore mitzuwirken,
als beim Gloria ein dumpfes Gemurmel
in der Kirche entstand; es waren eben
die
chursürstlichen Commifsäre in's Kloster
gekommen. um das Aufhebungsdecret
vorzulesen und Alles in Empfang zu
nehmen. Von tiefer Wehmuth ergriffen,
eilte er gleich nach beendigtem Hochamte
nach Hause, nach St. Nikola zurück und
fand zu seiner nicht geringen Bestürzung
die Thüre seiner Wohnung mit dem chur«
fürstlichen Siegel versiegelt; nur mit
Mühe konnte er spater das Nöthigste be-
kommen; viele Gegenstände aber, Musi»
kalien und Instrumente mußte er zurück'
lassen. Diese Auftritte hatten in seinem
Gemüthe den schmerzvollsten Eindruck
zurückgelassen, der noch tief nachwirkte,
als er nach 20 Jahren wieder nach Paffau
kam und die einst so schöne Kirche in ein
Magazin, das Kloster in eine Caserne
verwandelt sah. Die Aufhebung der
Stifter in Bayern hatte S.'s Entschluß,
Geistlicher zu werden, mächtig erschüttert.
Unentschlossen, wohin der bisher fast
immer in Klöstern lebende Jüngling
seinen Fuß setzen sollte, wendete er sich
nach dem benachbarten Schärding, wo
eben durch den Tod des bisherigen
Thurnermeisters Eggerstorfer diese
Stelle erledigt und für die Bewerber
ein Probeconcert mit der Bedingung
ausgeschrieben war, daß der Obsiegende
eine der drei hinterlassenen Töchter, von
denen die ältere den Vorrang hätte, zur
Frau nehmen sollte. Ungeachtet des ent>
schiedensten Beifalls, den er durch sein
meisterhaftes Spiel erntete, wurde er
doch abgewiesen, weil er die älteste Tochter zur Frau zu nehmen, sich un»
möglich entschließen konnte. Somit stand
er wieder eben so verlassen da, wie vor
zehn Jahren. Die alte, langgenährte Vor«
liebe für den Clericalstand erwachte von
Neuem mit aller Macht; er kehrte nach
Pafsau zurück und vollendete den zwei«
len theologischenIahrgang, ohne daß sich
für ihn irgend eine Aussicht in jener
düsteren Zeit öffnete. Da so alle seine
Hoffnungen in Bayern gescheitert schie«
nen, nahm er seine Zuflucht nach Oester«
reich, wohin bei der nahen Verbindung
und den freundschaftlichen Verhältnissen
zwischen Paffau, St. Nikola und jenem
schon früher sein Wunsch rege gemacht
worden war. Am 24. Februar 1804 kam
er nach Linz, wo er unter dem damaligen
Dom» und Stadt-Capellmeister Franz
Gloggl in der Kirche, im Theater und
bei der damals bestehenden Bürger«
garde zu verschiedenen Instrumenten
verwendet wurde, bis er in der Folge,
1810, als der Erste die bisher getrennten
Stellen eines Dom» und Stadtpfarr«
Organisten in Vereinigung erlangte.
Drei Jahre früher, 1807, hatte sich S.
mit der jüngsten Tochter Eggerstor«
fer's, Barbara, deren Bekanntschaft
er bei jenem Probeconcert gemacht, ver-
malt, lebte jetzt ganz seiner schönen Kunst
und der Sorgfalt für seine zunehmende
Familie. Harte Unfälle, eine Folge der
unglücklichen Kriege, trafen auch ihn; die
nachmalige beispiellose Theuerung in
den Hungerjahren aber erschütterte seinen
Vermögensstand in einem solchen Grade,
daß er sich nie mehr ganz erholen konnte.
Um nun den Seinigen die zu ihrem Fort»
kommen entsprechende Erziehung und
Bildung geben zu können, unternahm er
außer vielen Privatlehrftunden auch meh«
rere andere anstrengende Geschäfte, die
er fast bis zu seinem Lebensende erfüllte.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon