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Schießler 286 Schießler
teten. Schwieriger als das bisher Gesagte,
das freilich noch mancher, zu S.'s Gunsten
und Ehren lautenden Bereicherung be-
dürfte, ist es, seine unter so verschiedenen
Vermummungen ausgeführte schriftstelle.
rischeThätigkeit zu schildern. Bretts wah-
rend seiner Studienjahre war S. pseudo-
nymer Mitarbeiter verschiedener belletristi-
scher Journale, u. a. an Kotzebue's
„Freimüthigen" und Spazier's „Zei«
tung für die elegante Welt". Er schrieb
damals Romane im Geschmacke von
Spieß, Cramer und Lafontaine,
die er freilich spater selbst als Jugend-
fünden verwarf und deren Titel sich
glücklicherweise nicht erhalten haben.
Dabei entfaltete er als Korrespondent
und Recensent, vornehmlich im Bereiche
der Kunstkritik, eine große Rührigkeit,
entwickelte in diesen Arbeiten neben
gewandtem, treffendem Witze und munte»
rer Zaune und als Kunstkritiker ein rich»
tigeS Gefühl, verbunden mit Sachkennt«
niß. Man muß in Oesterreich nur die
Zeit. in welcher S. schrieb — das erste
Iahrzehend deS laufenden Jahrhunderts
— und das Land, in welchem er schrieb
— Böhmen — im Auge behalten, um
S. und seiner literarischen Thätigkeit
einigermaßen gerecht zu werden. Julius
Seidlitz in seinem „Die Poesie und die
Poeten in Oesterreich" hat S. als Dichter
in wahrhaft vernichtender Weise charak»
terisirt. Gewiß, S. war kein Poet, wenn
auch manches seiner Gedichte sich noch
heute nicht übel liest. Er selbst machte
auch gar keinen Anspruch, einer dieser
Gottbegncideten zu sein. I n dramatischer
Beziehung aber hat er seine unbestreit-
baren Verdienste, weniger als dramati»
scher Dichter selbst, obgleich er auch einige
brauchbare Lustspiele und Possen geschrie»
ben hat, als vielmehr als Herausgeber
theatralischer Sammelwerke, wodurch das Repertoir der deutschen Bühne dock
manche schatzbare Bereicherung erhielt.
Goedeke steht nicht an. ihn den „für
das deutsche Theater am meisten bemühten
Autor Böhmens" zu nennen. Neberdieß
war S. als Schriftsteller Polyhistor, und
kaum irgend ein Gebiet — vielleicht das
philosophische und jenes der alten Classi.
ker ausgenommen — blieb von S. unbe-
baut. Seine Topographie Prags, seine
Biographie Colloredo's, sein Leben
Moreau's waren anspruchslos auf den
Büchermarkt geworfen, ein Bedürfniß
und nicht mehr erfüllend, denn man
brauchte einen Wegweiser über die alte
Königsstadt, man wollte über Feldzeng«
meister Col loredo, zu dejfen Gedacht»
niß auf dem Schlachtfelde von Kulm
eben damals ein Denkmal errichtet wurde,
oder über Moreau, der, nachdem er
auf der Höhe bei Recknih am 27. August
1813 durch eine Kanonenkugel beide
Beine verloren, einige Tage später
(2. September) bei Laun in Böhmen,
wohin er gebracht worden, seinen Geist
aufgab, Näheres erfahren, und dieß
erfuhr man zur Genüge aus S.'s Büchern,
mit denen er weiter nichts bezweckte,
daher er auch. sich höherer Ansprüche
begebend, seinen Namen auf dem Titel
verschwieg. Bemerkenswerther ist seine
Pseudonyme Autorschaft von Gebet»
und Andachtbüchern, welche er als N e»
natuS Münster in die Welt schickte
und die sich so lebhafter Theilnahme er«
freuten, daß sie wiederholte, einige darun.
ter. wie das bei Pfautsch in Wien
erschienene: „Der Anfang aller Weisheit
ist die Furcht Gottes", 4 oder 3, oder,
wie das so beliebt gewordene „Marien»
Gebetbuch für daS weibliche Geschlecht"
sogar 9 Auflagen erlebten. Es ist dieß
um so beachtenswerther, als so S. ein
Gebiet betrat, welches ihm als Laien zu
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon