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Schikaneder 300 Schikaneder
hatte, verschiedene Lustspiele und Opern,
welche sich zu jener Zeit, in welcher man
eben Besseres noch nicht kannte, allge»
meinen Beifalls erfreuten, so in Inns.
brück im Jahre 1776: „Die Lyranten.
oder daS lustige Elend", wozu er den
Stoff aus seinem eigenen Iugendleben
genommen hatte, — in Salzburg 1782
bis 1787: „DaS Regensburger Schiff",
— „Die Raubvögel", — „Das Laster
kommt an den Tag", — „Der Grand«
profos" u. dgl. m. I n welcher Weise S.
vorging und wie er Alles seinem Publi«
cum anzupassen verstand, davon gibt
folgende Thatsache, die in Salzburg
1783 sich ereignete, den sprechenden Be>
lea: Im Publicum herrschte, wie noch
heute, so damals ein Widerwillen gegen
tragische Ausgänge; insbesondere durfte
die Unschuld nicht bestraft werden, das
litt einmal der Jan Hagel durchaus
nicht. Ein Lieblingsstück jener Tage war
das Drama: „Agnes Bernauer". Nur
gegen daS tragische Ende der Agnes
wurde immer wieder remonstrirt und alle
Wuth vornehmlich auf den Vicedom
losgelassen, der die AgneS in daS Wasser
werfen läßt. I n Salzburg war die Ent-
rüstung izber diese Scene so groß. daß
man den Schauspieler Wallerschenk,
welcher den Vicedom spielte, bei der
Wirthstafel mit Messerstichen bedrohte,
so daß, um ernsten Unzukömmlichkeiten
vorzubeugen, bewaffnete Macht einschrei«
ten mußte. Aber Schikaneder wollte
das Stück, das ihm eine sichere Ein«
nahmsquelle war, doch nicht fallen lassen,
nur stieß die Aufführung, da Niemand
die Rolle des Vicedom geben wollte, an
nicht geringe Schwierigkeiten. Da wußte
Schikaneder sich zu helfen, er arbeitete
den Schluß deS Stückes um und ließ bei
der nächsten Aufführung desselben auf.
dem Komödienzettel verkündigen: „Wir geben uns die Ehre, anzuzeigen, daß
heute bei der Vorstellung von Agnes
Bernauerin nicht diese, sondern der Vice-
dom von der Brücke gestürzt wird".
Und so geschah es auch. dem Publicurn
war diese an sich ebenso kindliche als
kindische Aenderung recht, undSchika»
neder war es nur noch mehr recht, da
feine Caffe sich füllte. — So wanderte
S. viele Jahre von Bühne zu Bühne
und hatte alle Mühen und Drangsale
zu bestehen, wie-sie jeder Chef einer
„Schmiere" zu überstehen hat. An man»
chen Orten machte er gute Geschäfte, da
ging es dann auch in Saus und BrauS
her; ja, in Pesth und Preßburg ging es
ihm so gut, daß er sich ein kleines Ver>
mögen erwarb, das ihn in den Stand
setzte, Pferde und Wagen zu halten.
Aber an letzterem Orte ereilte ihn in
Folge feiner übermüthigen, wo nicht
närrischen Laune wieder das verdiente
Mißgeschick. S. hatte den tollen Einfall,
ein Stück zu schreiben und aufführen zu
lassen, in welchem als Darsteller nur
Hähne und Hühner auftraten und eine
GanS die Hauptrolle spielte. DaS Co-
stume dazu kostete ungeheure Summen
und daS Publicum, daS der abgeschmack-
ten Schnurre kein Gefallen abgewinnen
konnte, blieb aus; so war denn S.'S
Wohlstand wieder zu Wasser geworden
und er bemüssigt, die ganze Gesellschaft
zu entlassen. Nun begab sich S. nach
Wien, wo ihm aber daS Glück auch nicht
lächeln wollte. Er, der bisher nur in
komischen Rollen aufgetreten war, ließ
sich beifallen, im National-Theater in der
tragischen des Grafen Esser zu debuti»
ren. Der Erfolg war, wie vorauszusehen,
eine völlige Niederlage. Er trennte sich
nun von seiner Frau, die in Wien vor«
derhand zurückblieb und im Theater im
sogenannten Freihause in Engagement
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon