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Schikaneder 303 Schikaneder
erschien er, um in einer oder der andern
seiner Rollen zu spielen, aber auch das
Publicum, dessen Liebling er als Komiker
gewesen, sehnte
sich
nach ihm und endlich
übernahm er wieder die Direction. Aber
daS hatte keinen Bestand. Im Jahre
1804 kaufte Baron Braun, der Pächter
und Vicedirector der beiden Hoftheater,
das Theater an der Wien von Zitter-
bar th, und das erste, was er bei Ueber«
nähme desselben verfügte, war — Schi-
kaneder's Entlassung. Nach einem hat»
ben Jahre aber war er bereits genöthigt,
Schikaneder zurückzurufen. Aber die«
sem wollte doch auf die Dauer dieses Ver«
haltniß nicht gefallen. I m Jahre 1807
übernahm er die Direction des Theaters
in Brünn und erbaute in der Nähe der
Stadt, bei Kumrowitz. eine grandiose
Arena. Die Vorstellungen in derselben,
wie seine in der Redoute veranstalte'
ten prachtvollen Maskenzüge brachten
ihm reiche Einnahmen. Besonders Auf-
sehen erregte er damals mit seinem groß«
artigen Spectakelstücke: „Die Schweden
vor Brünn", bei welchem nicht weniger
denn 300 Mann Militär. Cavallerie
und Kanonen auf die Bühne kamen.
Die Ausstattung hatte Tausende gekostet,
die Einnahmen dagegen waren nicht
entsprechend. Im Jahre 1809 machte er
sich Hoffnung, das Iosephstädter Theater
in Wien zu übernehmen, aber die zweite
Invasion trat störend dazwischen, die
Sache zerschlug sich und auch sonst noch
erlitt er schwere Verluste, da sein Land»
haus in Nußdorf ganz verwüstet worden
war. Das verschwenderische, zügellose
Leben von früher und nun die großen
Verluste jetzt hatten S. tiefsinnig ge«
macht. Allmälig verwirrten sich seine
Sinne immer mehr und mehr, er ward
zur Uebernahme jedes Geschäftes untcmg«
lich und die ihm angebotene Direction des Pesther Theaters mußte abgelehnt
werden. Mit seiner Frau, die in Stadt
Steyr eine kleine Unternehmung angefan«
gen hatte, reiste S. dahin; als aber die
Sache bald ihr Ende erreicht hatte, kehrte
sie mit ihrem Gatten, dessen Zustand
bereits in stillen Wahnsinn übergegangen
war, nach Wien zurück. Das geschah im
Juli 4812. Daselbst lebte er in den
traurigsten Umständen. Vom Morgen
bis zum Abend saß er unbeweglich, in
ein Bettlaken verhüllt, welches seinen
Kopf bedeckte. Erschien ein Besucher, so
streckte er den Kopf aus dem Bettlaken
hervor, starrte den Angekommenen an
und fragte: „Haben Sie Mar ia The-
resia und denKaiserI oseph gekannt?"
fiel die Antwort bejahend aus, so sprach
er einige verwirrte Worte, zog sich aber
schnell unter sein Bettlaken zurück; wurde
die Frage verneint, so erfolgte der Rück«
zug in größter Eile, von keinem Worte
begleitet. Um seine Noth zu lindern, ver«
anstaltete der damalige Director des Leo«
poldstädter Theaters, Friedrich Hensler,
eine Wohlthatigkeitsvorstellung, zu wel<
cher eben daS Stück, das seinen ganz»
lichen Ruin veranlaßt hatte: „Die Schwe»
denvorBrünn", wählte. GrafPälffy,
der hochsinnige Cavalier sBd. XXI,
S. 202^. verfügte, daß der Unglückliche
von jeder Aufführung der „Zauberflöte"
vier Percente der Einnahme erhalte.
Nicht lange genoß S. diese Wohlthat,
denn wenige Monate später erlöste ihn
der Tod von der geistigen Zerrüttung,
der er bereits seit Langein verfallen war.
I n den Registern deS magistratischen
Todtenbeschreib-Amtes heißt es: Schi-
kaneder Emanuel, geb. aus Regens«
bürg. 61 Jahre alt. gest. am 21. Sep-
tember 1812 in der Alservorstadt in
Nerbaß'schen HauS Nr. 30 (heute
VII I . Bezirk, Florianigaffe 10). Nun
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon