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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sax-Schimpf, Band 29
Seite - 308 -
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Seite - 308 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sax-Schimpf, Band 29

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Schikancder 308 Schikaneder tl'ümlich, einzisj und wahrhaft komisch dar» stellte, und diese war der Dorfschuster im „Abgebrannten Hause". Da er. wie gesagt, sich seine Rollen meist selbst schrieb, so legte er in jede derselben eine Art Sonderbarkeit, wodurch sie auch ohne sein Zuthun gefiel. So machte z. B. damals das Federgewand Papageno's mehr Effect, als das. was er sprach. So wirkten in dem Stücke: „Lumpen und Zehen, oder die Caprice" die absurden Eigenheiten eines Engländers, den Schika- ne d e r darstellte, das meiste. Sckikaneder war groß und dick, hatte einen watscheligen Gang. aber ein sehr lebhaftes Auge. Mit diesem letzten wußte er nicht selten durch einen Blick seinen Worten eine Zweideutigkeit zu geben, die gefiel. Die Couplets, welche er in Opern mit erbärmlicher Stimme sang, waren nichts weniger als witzig, aber da er dem Compositeur, dem er eine Oper von sich anvertraute, die Melodien zu jenen Stellen, die er selbst sang. vorschrieb, so wußte er ge« wohnlich in diese Melodien etwas zu legen, was die Wirkung nicht verfehlte. Derselbe Fall trat auch bei der „Zauberflöte" ein; auch drr große Mozart mußte sich hierin dem Dichter Schikaneder fügen und nur ein solcher Geist wie Mozart konnte aus jenen Alltagsmelodien durch geniale Instrunienti« rung Meisterstücke liefern. So soll Mozart das Duett, als sich Papageno und Papagena zum ersten Male erblicken, anfangs ganz an« ders comvonirt haben, als man es gegen» wärtig hört. Beide riefen nämlich ein paar Male staunend aus: Papagena! Papageno!» AlS aber Schikaneder dieses hörte, rief er in's Orchester hinab: Du Mozart, das ist nichte, da muß die Musik mehr Staunen aus» drücken. Beide müssen sich erst stumm anblicken, dann muß Papllgeno anfangen zu singen: „Pa papapa papa Pa" — Papagena muß dieß wiederholen, bis endlich Beide den gan» zen Namen aussprechen — und Mozart hat dieß so nach Schikaneder'ö Willen gesetzt und das Duett mußte immer wiederholt wer» den. In Localstücken war Schikaneder — wenn eben kein komischer — so doch stets ein Charakterdarsteller, das Gemüth behielt darin fast immer die Oberhand. In seinem vortrcff. lichen Wiener Lebensgemälde: „Die Fiaker in Wien", spielte er den Fiaker so wahr. so ganz aus dem Leben gegriffen, daß man diese Rolle als eine Meisterrolle S 's bezeichnen muß. Die Scene, in welcher er leichenblaß aus dem (5aoinet stürzt, weil er sein närrisches Weib, da nichts mehr fruchtete, endlich wider seinen Willen schlagen mußte, wäre eines I f f land 's würdig gewesen. III. Die Allegorie in der Zauberftöte. Es wurde oben in der Biographie, im Gegensatze zu der herrschenden Meinung, angedeutet, daß Schikaneder, der die Zauberflöte von einem Andern entgegengenommen hatte und daran nur seinen Directionsröthel hatte spie« len lassen, von der geheimen Tendenz, die dem Ganzen zu Grunde lag, ursprünglich keine Ahnung hatte, daher die mancherlei nicht zusammen zu reimenden Momente, die ge» radezu unsinnig erscheinen, ohne jedoch die Bedeutung der Allegorie zu zerstören. I ahn in seiner herrlichen Mozart-Biographie be» Häupter hingegen, Schikaneder hätte oaä Märchen theilweise verändert, weil in dem neuerbauten Theater in der Leopoldstadt em Singspiel nach demselben Märchen mit gro» ßem Erfolge aufgeführt wurde, daher sei die Unoerständlichkeit und Zusammenhanglosigkeit des Textes bewirkt worden. Es können gut beide Ursachen neben einander bestehen und zusammen an der Verballhornung des Mär. chenS Schuld sein. Ein wohl nur im Besitze von bibliographischen Curiositäten und in großen Bibliotheken noch vorkommendes Werk: „Geheime Geschichte des Verschwöru,nge< Systems der Iacobiner für Wahrheitsfreunde" (London 1793), enthält die interessante und allem Anscheine nach ganz glaubwürdige Ge< schichte der „Zauberfiöte". Zur Zeit, als die Oper in Wien zum ersten Male gegeben wor» den, war der I l lum in ate norden in ganz Europa, vornehmlich in Deutschland, durch seine geheime Propaganda thätig, die Ideen der französischen Revolution, welche eben da» mals in die Blüthe schoß, den Völkern zu. gänglich und ihre Verwirklichung wünschen6< werth zu machen. Bilder und Gedichte muß' ten dazu dienen und auf den Theatern gab es unzählige Allegorien. Die „Zauberflöte" war eine Allegorie auf die französische Nevo« lution, wie sie bis Zum Jahre t?9l sich dar« stellte. Allgemein verbreitete sich im Publi. cum, daß hinter der Oper noch etwas Anderes stecke, alS Musik und Gesang, so anziehend beide waren. Mit jeder neuen Aufführung steigerten sich Neugittde und Zudrang. Alles wollte die Oper sehen. Dabei nahm Schi» kaneder natürlich auch seinen Vortheil wahr. Am 3li. September 1?9l fand untor Mozart 's persönlicher Leitung die erste Auf« führung Statt, und als am 2«. November
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Sax-Schimpf, Band 29
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Sax-Schimpf
Band
29
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1875
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
374
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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