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Schikancder 310 Schikaneder
zum Zeichen, daß sie auf den ganzen Erdball
gerichtet sind. Auch erleuchten die Priester bei
der Aufnahme Tamino's die grausenvollstrn
Oerter mit Fackeln, um anzudeuten, daß
endlich auch die Fackel der Aufklärung in die
finstersten Gegenden deS Weltalls dringe.
Ehe aber Tamino wirklich in den Tempel des
Glückes gelangen kann, muß er sich allen und
auch den schwersten Prüfungen unterziehen,
welche vorgeschrieben sind. Tamino besteht
die fürchterliche Probe deS Wassers. deS
FcuerS, überzeugt non der Güte des alten
Sarastro, mit standhaftem Muthe und wird
endliä, mit seiner Pamina in den Tempel des
Glückes aufgenommen, wo sie seine Gattin
wird. Sein Begleiter Papageno. der im An,
beginn, so lange die Abenteuer glatt ablau»
fen. guten Muthes, dabei aber prahlerisch ist,
ist im Grunde ein ebenso schwacher als roher
Mensch, der. so gern er auch glücklich sein
möchte, doch jede Anstrengung und Schwie.
rigkeit haßt und sich nicht gern etwas versagt.
Nährend Tamino geduldig alle auferlegten
Proben übersteht, denkt Papageno nur an
seine plumpen Vergnügen, an Essen und
Trinken. Als er endlich zur Einsicht gelangt,
daß Alles dieß doch nicht wahrhaft glücklich
mache, wird er deö Lebens satt und will aus
Furcht uor kommenden Gefahren sich auf>
hängen. Zur rechten Zeit aber wird er durch
die guten Genien einrS Besseren belehrt und
gibt. wicwohl noch immer höchst ungern,
dem alten Weibchen (der Gleichheit, als der
ältesten Eigenschaft des menschlichen Geschlech-
tes) seine Hand, daS sich nun wieder in ein
holdes Mädchen verjüngt und den Papageno
glücklich macht. Das Auszeichnende an Papa»
geno ist: schöne Federn über den ganzen
Leib wegen seiner Eitelkeit; die Hictenpfeife
bezeichnet scine Rohheit und alles Glockenspiel
(wurnach AlleS tanzen muß, als eine Wir«
kung des Reichthums) gleicht dem Schalle
des Goldes, das in den Händen der Reichen
circulirt. Monostatos (die Emigranten) sucht
auf alle Weise dem Glücke des Tamino
Hindernisse in den Weg zu legen, durch List
und Trug und auch durch Gewalt, so daß er
am Ende die Pamina gar todten will. Aber
Sarastro straft ihn dafür. Noch einmal rafft
er seine letzten Kräfte zusammen, um mit der
Königin der Nacht einen Sturm auf den
Tempel des Glückes zu wagen; aber er
wird mit ihr auf ewig in den Abgrund ge<
stülzt. nachdem er vorher feierlich geschworen
hat, daß er mit seiner Geliebten und ihm an schwarzer Sinnesart gleichenden Königin
stets verbunden bleiben wird. Die wilden
Thiere, welche auf die süßen Tone der Zau<
berflöte ihre Wildheit auf einige Zeit ablegen,
sind Löwen (Wappen der Niederlande). Leo«
parden (England), Adler (Oesterreich. Ruß<
land und Preußen), die übrigen bedeuten die
kleineren Staaten. — So die Allegorie. So
wenig geistreich man dieselbe finden mag,
sie verfehlte, von Mozart 's sphärengleichen
Melodien getragen, ihre Wirkung nicht und
behauptet sie bis auf unsere Tage und wird
sie behaupten, so lange der Sinn für Musik
im Menschenohre leben wird.
IV. Schikaneder's Porträte. Ein solches von
sich ließ Schikaneder selbst, und zwar in
Stein ausführen. Als er das Theater an der
W^n — lange Zeit Wiens schönstes Schau«
fpielhaus — hatte bauen lassen, gab er
demselben zwei Haupteingänge, einen vorn
gegen die Wien, wo die Fiaker halten müssen,
den andern an der (damaligen) Glacisseite,
wo die Privatwagen anfahren. Neber dieses
letztere Thor ließ Schikaneder sich selbst
alS Papageno (daher der Name Papageno,
Thor) setzen, wie er sein Lockpfeifchen gegen
die Stadt hinein bläst, und neben ihm ein
paar pausbackige Buben, die ihre Netze schon
voll Vögel haben. Er soll dieß gethan haben,
weil ihm die „Zauberflöt!.'", die er im Ganzen
sechsthalbhundert Male gegeben, vorzüglich
emporgeholfen hatte. Die Papageno<Figur ist
sechs Fuß hoch, hat einen Speckhals, mißt
eine gute Klafter in der Peripherie und
Wiegt dritthalb Centner — und ist allerdings
für einen Papageno etwas schwerfällig. —
Außerdem ist ein schönes Blatt im Kupfer-
stiche von Philipp Richter (ohne Angabe
deö Verlegers, gr. 8<>.) bekannt, mit der
Unterschrift: Emanuel Schikanedcr. Schau.
spieler>Director und Schauspieler. Das schon
sehr seltene und nett ausgeführte Blatt diente
den Herren Grünfeld und Schilcher als
Vorlage, als sie im Jahre l864 den neuen
Vorhang im Theater an der Wien malten,
der eine Apotheose der „Zaubcrfiöte" bildet
und S chikaneder's Bildniß in einem Blu»
menmedatllon weist. — Außerdem brachte
der Gubitz'sche Volkökalenoer in einem orr
Vierziger.Iahrgänge Schikancder's Bild,
niß in ganzer Figur und später das von
Kober in Prag herausgegebene illustrilte
Blatt: „Von HauS zu Haus" (gr. 4°.) 186U.
Nr. 23, S. 2!)2, wo Schikaneder — so
ziemlich ähnlich dcm Bilde im Guditz'schcn
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon