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Nes Aeußere zwang ihn. der sonst immer
auf Sauberkeit in der äußeren Erschei-
nung gehalten hatte, die Gesellschaft zu
meiden. Dabei besaß er zu viel edlen
Mannesstolz, um sich in Klagen darüber
zu ergehen oder auch n^r anzunehmen,
was man auf die zarteste Weise ihm bei»
zubringen suchte. Er verschmähte zu netz-
men, was er nicbt verdient hatte oder
zu erwiedern und auszugleichen außer
Stande war. Leute, die mit ihm in
einem Hause wohnten, erzählen wirklich
rührende Züge des alternden Mannes,
seiner Willenskraft und seines Zartge«
fühls. Er wäre ein wahres Muster, wel«
ches man dem Großtheil des heutigen
Arbeiterstandes und Proletariats zur
Nachahmung hinstellen könnte. Die Ar
beit und ihre Errungenschaft war sein
Stolz, und lieber hungerte und darbte
er, als daß er aus fremdem Besitz nahm
und fremden Erwerb für sich verwen
dete. Schi l l ing war Protestant, dessen
ungeachtet unterließ er niemals, den
festtäglichen Gottesdienst (Amt und Pre
digt) im Dome zu hören. Vor dem Iaho
4848 hatte er in Salzburg auch keine Ge<
legenheit, die Glaubensbräuche seiner
Gemeinde zu üben, er machte selbe aber
auch nicht mit, als eine protestantisch!
Gemeinde und ein protestantisches Bet
haus in Salzburg entstanden, und so trieb
er es bis in sein Alter fort. An den
schwarzen Blattern erkrankt, kam er in
die Pflege der barmherzigen Schwestern
im IohanneS'Spitale und starb daselbst
ohne die Tröstung des Pastors, und e
that Jedem, der ihm auf dem letzter
Wege daS Geleite gab, schmerzlich wehe,
daß dem todten Biedermanne noch in'
Grab darüber der herbe Vorwurf nach
geschickt ward. S. war ledig, aber ei
nährte stetig eine stille, in dichterische!
Ergüssen gefeierte unerreichte und woh nerreichbaro Flamme, die bis in sein
Alter nicht erloschen war. Vielleicht steht
as Alles mit seiner Geheimniß gebliebe»
len Iugendgeschichte im Zusammenhange.
Schi l l ing, obwohl ein Fremder, war
ach und nach eine typische Persönlichkeit
Salzburgs geworden. Ein jeder Salz.
urger kannte das kleine, schiefgewachsene,
aber sehr lebhafte Männlein, das sehr
bescheiden, artig und zuvorkommend und
überdieß sehr wißbegierig, dabei weit
über seinen Stand gebildet war. Salz«
urg war ihm seine zweite Heimat gewor-
den, die er mit wahrer Begeisterung
iebte. An arbeitsfreien Tagen sah man
!hn auf dem Gaisberge und Untersberge
Pflanzen sammeln, noch öfter auf dem
Kapuziner', Mönchs» und Nonnenberge,
besonders Abends bci Sonnenuntergang
die Landschaft und ihre dahier wirklich
zauberischen Naturspiele bewundernd.
Nemerkenswerth erscheint eS noch, daß
Baron von Meyendorff . der russische
Gesandte, S. alljährlich auf seiner Ga»
steinerBadercise in der Druckerei besuchte.
Vielleicht waren eS numismatische In»
tereffen. welche den Staatsmann mit
dem schlichten Schriftsetzer in Verbindung
brachten. Schill ing ruht aufdem Spital«
Friedhofe in Salzburg. Seine eigene, an
seltenen Werthstücken reiche numismatische
Sammlung wurde, wie schon bemerkt,
von S. auS Noth durch Verkauf zerstreut.
Eine von ihm angelegte, reichhaltige,
zumeist Salzburg betreffende Kupferstich,
sammlung gab er um den Spottpreis von
200 fl. dahin und sie gelangte durch
Munisicenz des Fabriksbefttzers Iust i -
nus Robert >M. XXVI , S. 209^
in den Besitz deS Salzburger stadtischen
Museums Carolino<Augusteum.
Zellner's Blätter für Musik. Theater u. s. w.
(Wien, kl. Fol.) 1870. S. 74- — Fremden»
Blat t . Hon Gustav Heine (Wien, 4°.)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Band 29
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sax-Schimpf
- Band
- 29
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 374
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon