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Schirmer 34 mrmer
wozu sich als daS am meisten prak-
tische jenes sür Sprachen gesellte. Man
ließ ihn treiben, waS er eben wollte, wenn
er nur nicht versäumte, pünctlich den
Pflichten des Kaufmanns nachzukommen.
Als dieß nicht geschah, wurden alle nicht
kaufmännischen Sachen mit strengem In»
terdict belegt, aber eS half wenig, denn
was S. nicht offen betreiben konnte, be<
trieb er um so eifriger heimlich; er las
und dichtete Nachts und brachte dadurch
sich und die Seinen einmal soggr in
FeuerSgefahr. Das gab den AuSschlag,
und nachdem man die Ueberzeugung ge«
wonnen. daß er nun einmal zum Ge>
schäftSmanne nicht tauge, ward ihm
gestattet, zu studiren. Bis zu seinem
l7. Jahre war er im Comptoir gesessen,
nun erhielt er die nöthige Vorbereitung
für die Universität und wanderte nach
Berlin. Göttingen und Leipzig. Da er
sich für ein Fachstudium entscheiden sollte,
wählte er die Medicin, welche ihm aber
für die Dauer auch nicht zusagte und
sie endlich aufgab, um sich ausschließlich
der Poesie und den schönen Wissenschaften
zuzuwenden. Mit der bloßen Theorie
nicht zufrieden, wollte er seine Talente
praktisch bethätigen und ging zum —
Theater. Sem erstes Auftreten war von
ungemein günstigem Erfolge begleitet;
S. wurde, kaum 22 Jahre alt. beim
Hoftheater zu Schwerin als erster Cha«
rakterdarsteller engagirt. Nun eröffne»
ten sich ihm wohl die glänzendsten AuS«
sichten zu einer ungewöhnlichen Künstler-
lausbahn; aber eine Nervenüberreizung
nöthigte ihn, der Bühne zu entsagen. Da
S. von HauS aus Vermögen besaß und
materiell unabhängig gestellt war, ging
er nun nach Paris, wo er, wie schon
früher in seinem deutschen Vaterlande,
mit den Berühmtheiten der Kunst und
Literatur in anregende Verbindung trat. Dann brachte er, ganz seinen Launen und
einem höheren künstlerischen Behagen
lebend, längere Zeit am Rhein, in der
Schweiz und in Italien zu. Nachdem er
sich in der alten Welt müde gelebt, flog
er über daS Meer in die neue hinüber,
hielt sich längere Zeit in den Vereinigten
Staaten auf, unternahm interessante, aben^
teuerliche Reisen durch TexaS. Meriko,
nach den westindischen Inseln u. s. w.
und kehrte reisemüde nach Europa zurück,
wo er sich im Jahre 1834 in Wien nie-
derließ und daselbst ununterbrochen seit
zwei Iahrzehnden lebt. Nachdem er sich
in Wien verheirathet. erwarb er sich in
der unmittelbaren Nähe von Wien. wenn
Herausgeber nicht irrt, in Penzing, einen
kleinen Grundbesitz und beschäftigt sich
daselbst mit literarischen Arbeiten. die
theils selbstständig, theils in Journalen
erschienen sind. Hatte S. bis dahin einige
kleinere Arbeiten, meist lyrische Dichtun-
gen und ein paar dramatische Piecen,
veröffentlicht, so beginnt mit seiner
Niederlassung in Wien erst die Zeit
seines eigentlichen literarischen Schaf-
fens. Bis dahin hatte er immer neue
Eindrücke in sich aufgenommen, jetzt
galt eS, daS auf seinen wechselvollen
Reisen Erschaute und Erlebte künstlerisch
zu verarbeiten, und vom Jahre 186l
betrat S. als Romanschriftsteller jenes
Gebiet, in welchem eben damals die
deutsche Muse ganz tüchtige Kämpen
aufzuweisen hatte. In seinen lyrischen
Gedichten — die Titel der Schriften S.'S
folgen S. 33 u. 36 — womit er im I . l 846
bereits aufgetreten war. hatte S. so volle
Töne angeschlagen, daß man ihn alsbald
in die engere Zahl der Berufenen deü>
deutschen Parnasses zählen durfte. AlS
politischer Poet voll Kraft und scharfer
Ironie, die sich oft bis zu entschiedener
Bitterkeit steigert, fesselte in seinen nicht
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon