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Liechtenstein und Reischach heran,
und der Graf gab Befehl, einige Batail-
lone zum Sturme der Stadt vorrücken zu
lassen. Da rief der Kaiser zum Grafen:
„Brav Schlik! Ich bin hierüber umso-
mehr erfreut, als mehrere Personen der
Meinung waren, daß dieß unmöglich sei".
Nun wollte der Monarch an der Spitze
deS ersten Bataillons in die eroberte
Stadt einziehen. Graf Schlik aber trat
zum Monarchen und sprach ehrerbietigst:
„Sire, eS ist das erste und sicher daS letzte
Mal, daß ich in der Lage mich befinde, Euer
Majestät etwas verbieten zu können —
wenn Euere Majestät in die Stadt durch«
aus einziehen wollen, wage ich zu bitten,
erst mit mir an der Spitze des dritten
Bataillons einzudringen". Der Kaiser
blieb auf diese Vorstellung zurück, aber der
Graf fühlte sich. wenn der Kaiser mit ihm
in die Stadt ziehen wollte, noch immer
in nicht geringer Besorgniß. Der Kaiser
wollte in eine Stadt einziehen, in welcher
zehn Minuten vorher noch der Republik
gehuldigt wurde, und wo man nicht ein-
mal mehr Zeit gefunden hatte, die drei»
färbigen Cocarden zu verbergen. Der
Einzug erfolgte. Die beiden Brücken
konnten nicht überschritten werden, die
von der Insel Schütt führende war
abgebrochen, jene nach der Stadt abge»
tragen. Wie eine Last fiel es dem Gene«
ral vom Herzen. denn nun war der
Kühnheit des Kaisers eine unerwartete
Schranke geseht und vor Herstellung des
Ueberganges an ein Vorwärtsdringen
des Kaisers nicht zu denken. „Verzeihung.
Majestät'." meldete der Graf, ,daß ich
Sie jetzt verlasse, ich muß Befehle zur
Verfolgung und für den kommenden Tag
ertheilen". Darauf entfernte sich Graf
Schlik, vollkommen beruhigt, daß der
Kaiser nicht weiter vorwärts dringen
könne. Nachdem aber der General sich entfernt hatte, stieg der Kaiser vom
Pferde und überschritt eine der Brücke«
auf dem Balken, welche man wegzuschaf«
fen nicht mehr Zeit gehabt hatte. Von
seinem General - Adjutanten Grafen
Grünne. General Major Kel lner,
dem Kriegsminister Grafen Gyulay ,
dem Minister des Auswärtigen, Feld»
marschall-Lieutenant Fürsten Schwär«
zenberg. und einigen Ofsicieren des
Gefolges begleitet, schritt der Kaiser über
die wankenden Bretter der abgetragenen
Brücke. Nur von der aus den Genannten
gebildeten Suite begleitet, betrat der
Kaiser die Stadt in dem Augenblicke, als
die Generale Liechtenstein und Rei.
schach mit dem Säbel in der Hand an
der Spitze ihrer siegreichen Truppen ein«
drangen. Erst aus den Iubelrufen der ein-
rückenden Truppen erfuhren die Einwoh«
ner. daß ihr rechtmäßiger Fürst sich mit«
ten unter sie gewagt und sein Vertrauen
auf sie selbst in so vechängnißvollem
Augenblicke unerschütterlich bewahrt habe.
Der jugendliche Kaiser kannte keine
Furcht, und wie wenig, freilich zum
bangsten Entsetzen semer nächsten Umge-
bur.g. er auf die Gefahr achtete, bewies
er in der Schlacht von Komorn (2. Juli
1849). wo er so nake dem Schauplätze
deS Kampfes stand, daß kaum 3l) Schritte
von seinem Standpuncte das Pferd eines
OfficierS seiner Suite von einer Kanonen-
kugel niedergeschmettert wurde. Die Gin«
nähme RaabS gehört zu Schlik'S glan«
zendsten Erfolgen im ungarischen Feld-
zuge, und dieß um so mehr. als er dabei
seinen eigenen Eingebungen gefolgt und
als die Dispositionen Haynau's nickt
ganz geglückt waren. Rühmlichen Antheil
hatte ferner der Graf an den Schlackten
bei AcS und Komorn, 2. und t i . Juli,
wo ec mit seinem schwachen Corps den
mit Uebermacht andringenden, von Regen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon