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Schlotterbeck 143 Schlotterbeck
war, und ließ die tiefgebeugte Witwe
mit neun unversorgten Kindern zurück.
Um ihrem Sohne, der gleick dem Vater
Prediger werden sollte, den Besuch der
lateinischen Schule zu ermöglichen, über»
siedelte sie mit ihren Kindern nach Mall»
heim. wo sich das Oberami der Herr-
schaft Badenweiler befand. Der junge
S? zeigte nun lebhaftes Interesse für
Geschichte, Geographie und Geometrie,
alles Andere vernachlässigte er aber zu
nicht geringem Verdruffe seiner Lehrer
ganzlick. übcrdieß beschäftigte er sich in
den Mußestunden — ohne Anleitung —
mit Zeichnen. Den Gedanken an die
geistliche Laufbahn mußte die Mutter
unter solchen Umstanden fallen lassen,
und so gab sie denn den Jungen im
April 4790 zu dem Kupferstecher und
Kunsthändler Chr. v. Mcchel in Basel
auf eine mehrjährige Lehrzeit. Hier, wo
mehrere Zöglinge zugleich für ihren Mei«
ster arbeiteten, wurde S.'s Eifer mächtig
angespornt und hier befreundete er sich
innig mit Haldenwang, später groß«
herzoglich Baden'schen Hof-Kupferstecher,
der sich mit bestem Erfolgoder Landschaft
widmete, wahrend sich S. auf daS histo«
rische Fach verlegte. S., der damals mit
dem Grabstichel und der Radirnadel ar«
heitere, vollendete in dieser Zeit mehrere
Blatter, so einen „TallkWil" nach Thür-
ne isser, eine „Nladnnüll" nach Ei«
pr iani und Bar to lozz i , „ 35au NqK 'L
Frau" nach diesem und Barto lozzi ,
welch letzteres Blatt er aber nicht voll»
endete, und das aus dieser Periode ge»
lungenste Blatt: „Oosmc'FT'a^ttF «26^/-
öans", nach Rembrandt. Aber bald
erkannte Schlotterbeck, daß diese
Richtung seinem Talente nicht zusage,
und als um diese Zeit die schonen eng»
tischen Aquatinta«Arbeiten, in denen
Preftel in Frankfurt a. M. und seine
v. Würz dach. bioar. Lerilon. XXX. Gattin in London so Ausgezeichnetes
leisteten, in Verkehr kamen, machte er
sich mit seinem Freunde Haldenwang
daran, in dieser Gattung sich zu ver-
suchen. Nach längerer Uebung und man.
chen mißglückten Versuchen, diese Manier
zu bewältigen, gelang es endlich beiden
Freunden. Treffliches in derselben zu
leisten, und von nun an hielt sich S.
streng an die Landschaft, der früher ein-
gefchlagenen Richtung vollends entfa«
gend. Seine erste Probe in derselben
war eine Folge von Schweizer Pro-
specten: „SsesuH cks F?-os^eiss cks ?H
HulsHs" in Aquatinta auSgefübrt, Blat-
ter. die. wie gefällig sie auch sich aus«
nahmen, noch lange nicht ahnen ließen,
was L. auf diesem Wege zu leisten im
Stande sei. Als der Krieg sich seinem
bisherigen Aufenthalte immer mehr und
mehr näherte, beschloß er. nachdem er
sechs Jahre in Basel gearbeitet, einem
Rufe der damaligen kalkographischen Ge>
sellschaft in Defsau zu folgen, was er um
so lieber that, als er seinen Freund Hal«
denwang dort finden sollte, der vor
ihm schon dahin abgegangen war. Im
September 4796 traf S. in Dessau ein.
wo er während eines Aufenthaltes von
vkr Jahren manch schönes Blatt auS«
zuführen hatte ^die Ueberncht der Blätter
S.'s folgt auf S. 143 u. f.^ und an der
Seite seines Freundes sich mächtig in
seiner Kunst vervollkommnete. ÄlS die
Kriegsereigniffe auf die Kunsizustande in
Deutschland einen immer nachhaltigeren
Rückschlag auszuüben begannen, erlag
dem Drucke der Zeiten auch das noch so
jugendliche Deffauer Kunstinstitut. an
welchem S. damals mit solchem Erfolge
gearbeitet hatte. Unschlüssig, wohin er
nun seine Schritte wenden sollte, entschied
er sich endlich für Wien, weil er dort für
seine künstlerische Richtung mehr Gewinn
22.Iunil57S.) iO
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon