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Schmard» 186 Schmarda
rika fuhr und dessen Westküste von Val-
paraiso bis nach Panama an verschiede»
nen Puncten eingehenden Studien unter»
zog. Den letzten Tkeil der Reise füllten
Wanderungen in Ecuador, Neu»Granada.
Nicaragua. ein längerer Aufenthalt auf
den Inseln Cuba und Iamaica auS. und
nachdem er noch mehrere Gegenden von
Canada und in den Veieinigten Staaten
besucht, kehrte er nach einer Abwesenheit
von etwa 4 Jahren und^ 4 Monaten
wieder nack Europa zurückLIn der Zwi«
schenzeit geschah es nun, daß. wahrend
S. behufs semer Forschungen in Ceylon
weilte, er dahin den gemessenen Auftrag
erhielt, augenblicklich nach Wien zurück«
zukehren — von Ostindien an die Donau!
— um fich wegen seines Benehmens im
Jahre 1848 zu rechtfertigen. Schmarda
aber opferte eher seine Stellung, als seine
Wirksamkeit für die Wissenschaft und fetzte
seine Reise fort. Und so wurde er seiner
Stelle als Professor der Zoologie an der
Prager Hochschule enthoben. Als er nach
seiner Rückkehr sich der Untersuchung
unterwarf, ohne Schuld befunden ward
und dennoch entlassen blieb. machte
dieser sonderbare Vorgang insoweit Auf-
sehen, daß die Presse der Angelegen«
heit sich bemächtigte, und diese nun gab
darüber, vornehmlich über die Ursache
von Schmarda's Enthebung und Nicht-
wiederanstellmig. folgende Aufschlüsse:
Schmarda, hieß es in den Journalen,
konnte unmöglich auS rein politischen
Gründen seiner Stelle enthoben werden.
Daß er nicht im Entferntesten „compro.
mittirt" war. beweist schon die Thatsache,
daß er bis 1833 in Amt und Würde
geblieben ist. waS im entgegengesetzten
Fülle bei dem bekannten Charakter des
damaligen Regierungssystems nicht denk«
bar gewesen warc. Aber was der welt-
lichen Polizei nicht erreichbar ist, das er« faßt der lange Arm der geistlichen, und
wo beide brüderlick zusammenstehen, muß
sich Alles unter ihrer geheimnißvollen
Gewalt beugen. Professor Scbmarda
und sein ebenso gelehrter Freund Profes-
sor Unger hatten den Auftrag erhalten,
ein Lehrbuch der Naturgeschichte zu schrei«
ben. Sie erfüllten ihre Aufgabe zur voll-
sten Zufriedenheit des Ministeriums und
daS Werk sollte in den Schulen eingeführt
werden. Aber die Kirche hatte noch nicht
ihr letztes Wort gesprochen. Diese ent-
setzte sich höchlich ob der .gottlosen" und
„materialistischen' Lehren, welcke in die«
sem Lehrbuche enthalten sein sollten. Die
ganzliche Verderbniß der Jugend war
unvermeidlich, wenn sie den Inhalt des«
selben kennen lernen würde. Dem Buche
sowohl als den Verfassern desselben war
der Untergang geschworen. Von Prag
aus gingen wiederholt sogenannte Gut.
achten nach Wien, welche Schmard a's
Ideen als gefährlich, als irreligiös be.
zeichneten. Der wissenschaftliche Werth
dieser Denunciation erhellt auS der That-
sache, daß an der Spitze der Ankläger
ein „Dilettant" in der Naturgeschichte
stand. Unter solchen Umstanden sah man
den gelehrten Forscher nur zu gern nach
Asien ziehen und mochte es bedauern,
daß Professor Unger sich nicht an seinen
Freund anschloß. Während seiner Abwe»
senheit sollte Schrnarda unter einem
probablen Scheine vom Katheder, wo er
vor und nach 1848 so ersprießlich ge-
wirkt hatte, entfernt werden. Wie dieß
geschah, wurde erzählt und ist ohne weite«
ren Commentar verständlich. — Im Jahre
1862 wurde er aber, nachdem er in der
Zwischenzeit theils auf den Besitzungen
seines Freundes von Fr idau in Oester«
reich, theils in Paris und Berlin gelebt
hatte, wieder rehabilitirt und zum Pro-
fessor der Zoologie an der Wiener Uni»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon