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Schmerling 173 Schmerling
eS, daß die durch die nachträgliche An»
nähme des Waffenstillstandes von Seite
des Parlaments hervorgerufenen Sep«
tember-Unruhen in Frankfurt schnell und
glücklich bewältigtwurdeli. Schmerl ing
und General Peucker hatten, als der
Aufruhr am 18. September auSbrach,
Vollmacht zu deffen Unterdrückung er-
halten, und Beide verhängten auf die
Nachricht der Ermordung des Fürsten
L ichnowsky und Aue rswa ld ' s
den Belagerungszustand über Frankfurt.
Am 24. September von Neuem zum
Reichsminister ernannt, sah er sich nun
den heftigen Angriffen von Seite der
Linken ausgesetzt, und indem er nun
der Richtung auf die preußische Hege»
monie immer offener entgegentrat, ent«
zweite er fich auch bei dem Wiederbeginne
der Verfafsungsberathungen mit einem
großen Theile feiner bisherigen Freunde.
Ueberdem war wahrend des Kampfes
um Wien, der Verlegung des constitutio»
nellen österreichischen Reichstages nach
Kremsier und der preußischen National-
Versammlung nach Brandenburg, die
Thätigkeit des Reichsministeriums auf den
Sitz deS deutschen Parlaments und dessen
nächste Umgebung, wo (in Baden und
Thüringen) einzelne Erhebungen statt»
standen, beschränkt. Als aber seine Stel-
lung immer unerfreulicher wurde, legte
er am 43. December sein Portefeuille in
die Hände des Reichsverwesers zurück,
das nun Gagern übernahm. Wenige
Tage spater reiste Schmerl ing nach
Wien zurück. Schon unterwegs, in Leip»
zig, traf ihn der Courier mit Depeschen,
die ihn einluden, in das österreichische
Ministerium zu treten oder den Posten
eines österreichischen Bevollmächtigten
bei der deutschen Centralgewalt zu über»
nehmen. I n Breslau erfuhr er. daß ihn
der erste Wahlbezirk der Stadt Wien zum Abgeordneten für den Reichstag in
Kremsicr gewählt hatte, eine Wahl, bei
der auch der Minister-Präsident Fürst
Schwarzenberg und der spatere
Reichstags-Präsident Baron Kübeck
als Candidaten aufgestellt waren. I n
Olmüh entschied sich Schmerling für
die Annahme der Stelle des österreichi«
schen Bevollmächtigten und ging wiederum
nach Frankfurt, wo er vornehmlich die
Leitung und Wahrung der österreichi«
schen Interessen sich zur Aufgabe zu
stellen hatte. I n Frankfurt überreichte
er am 4. Jänner 4849 das denkwürdige
Schreiben, worin Oesterreich erklärte, „es
werde in dem neuen deutschen Staats«
körper, wenn ein solcher zu Stande
komme, seine Stelle zu behaupten wissen".
Seine Lage in dieser neuen Stellung war
für ihn als Mitglied des deutschen Par-
laments eine ungemein schwierige. Er
wurde auf diesem Posten Gegenstand der
heftigsten Angriffe eines Theiles seiner
früheren Anhänger, wie er es als Mini«
ster seitens der radicalen Partei gewesen.
Inzwischen hatte sich die erbkaiserlich,
preußische Partei gebildet, deren Ziel der
Ausschluß Oesterreichs war und die daher
in dem Oesterreicher Schmerl ing ihren
Gegner sehen mußte. Als Führer der
Oesterreicher in derselben und an der
Spitze der großdeutschen Partei, arbeitete
er allen Bestrebungen, welche auf die
Errichtung eineS preußischen Kaiserthums
gerichtet waren, entschieden entgegen.
Da wurde in den ersten Tagen des März
der österreichische Reichstag in Kremfier
aufgelöst. Der Schlag traf dergestalt in
Frankfurt, daß Schmerling, sobald er
davon Kenntniß erlangt, seine Entlassung
als österreichischer Bevollmächtigter ein«
reichte. Aber auch seine Tage als Mit.
glied des deutschen Parlaments waren
gezahlt. Am 27. März wurde die Erb-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon