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Schmiß Mathias 88 300 Schmiß Mathias 88
diese. Der ApelleS von Tarrenz versprach
sein Möglichstes zu thun, wußte sich aber
doch nicht recht zu helfen und übertrug
die Aufgabe seinem Lchrlinge Math ias
Schmid. Dieser ließ sich muthig in
einem Kübel zur Decke hinaufziehen, und
da er unserer Erzmutttr doch weder
Talar noch Burnus oder Regenmantel
umhängen wollte, so tauchte er seinen
Pinsel in hellgrüne Wasserfarben und
malte eine saftige Staude hin, die sich
über Eua's weißen Leib bis zu dem
Puncte hinauftankte, den der Curat als
die äußerste Grenze erlaubter Decolleti-
rung bezeichnet hatte. Diese Arbeit errang
sich zwar die volle Zufriedenheit des
Seelenhirten, wie die deS Lehrherrn,
allein, um den Schüler nach solchen tzr«
folgen vor dem gewöhnlichen Hochmuthe
der Künstler zu bewahren, ließ ihn Letzte-
rer gleichwohl gemeinschaftlich mit dem
Patznauner Maurergesellen auch noch die
Kirche verputzen und Heiunterweißen. Als
nun der Vater einmal herangcreist war,
um die Fortschritte seines Sohnes in
Augenschein zu nehmen, hörte er nur
dessen Klagen über Verlorne Zeit und
unwüidige Behandlung, sah aber auch
selber ein, daß sein Math ias in dieser
Lehre sicb nicht entfalten könne und
sandte ihn auf sein dringendes Bitten
nach München. Hier trat Math ias
zuerst als Gehilfe bei einem Vergolder
ein, als er aber inne wurde, daß er auch
da nicht auf dem rechten Wege sei, ging
er als Schüler in die Akademie der
Künste über. Dort offenbarte sich in
kurzer Zeit sein Talent. Sein Bild : „Fran
Auch, wie 5ie nnch Uctlilrheu! sirht", wurde
von dem damaligen Statthalter von
Tirol. Erzherzog Kar l Ludwig, ange-
kauft. Das war ein Erfolg, der mächtig
anspornte und auch andere Kreise auf
den vielversprechenden jungen Künstler aufmerksam machte. So gab der dama«
lige Bürgermeister Karl Adamzu InnS«
brück Schmid 4839 den Auftrag, im
Friedhofe der Stadt ein größeres Ge.
mälde: „Nie drei Franen am Grabe", stereo«
chromisch auszuführen, welche Aufgabe
S. zu allgemeiner Zufriedenheit löste.
So wurde Schmid immer bekannter
und auch feine Landsleute im Paznauner
Thale wendeten ihm mehr Aufmerksam»
keit zu. So geschah es, daß die Gemeinde
seines Geburtsortes See ihm den Auf«
trag gab, für die Kirche ihres Dorfes
drei Altarblatter zu malen. Er ging mit
Eifer an die Zeichnung der Cartons und
hoffte, wie Steub erzahlt, für etliche
Zeit vor Kummer und Noth gesichert zu
sein. Die Cartons waren auch schon der
Vollendung nahe, als ihr Schöpfer die
Botschaft erhielt, daß in seinem Geburtg.
orte soeben eine heilige Mission der Ligo«
rianer ihre Aufgabe begonnen und daß
die Bußprediger die Männer der Ge»
meinde überredet hatten, die für jene
Altarbilder gesammelten Gelder zur Stif-
tung einer Mission zu verwenden, welche
alle zehn Jahre sich einsinden sollte. I n
anderem Falle stünde den Paznaunern
bei ihren zahllosen Sünden und Lastern
noch eher, als den anderen Tirolern,
ewige Verdammniß in der Hölle in Sicht.
Mit dieser Nachricht war S.'S Lebens«
Himmel plötzlich ganz verdüstert. Mit
dem letzten Pfennige schlich sich der junge
Maler nach Innsbruck, hatte sich aber
dott durch einige unpolitische Aeußerun«
gen über Staat und Kirche eher Ver«
folgung, als Unterstützung zugezogen.
Als er auch bei seinen Freunden keine
Hilfe fand, so blieb ihm nichts übrig,
als sich in das väterliche Haus zu See
zurückzuziehen. Aber der Vater war mitt«
lerweile gestorben und da Math ias ,
der es seiner Zeit verschmäht hatte, ein
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon