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Schmidts Mich. Ign. 90 306 Schmidt, Mich. Ign, 90
Kunst der Geschichtschreibung hatte S.
freilich weder einem Herodot noch
Jen ophon, einem T a c i t u s noch
LiviuS abgelauscht, und er versteht es
nichts weniger als fließend und angenehm
zu erzählen, aber in seiner schlichten,
dabei doch von dem Ernste und der
Würde des Gegenstandes getragenen
Darstellung gibt er dock die besten Auf-
schlüsse darüber: wie Deutschland gewor«
den, was es ist, durch welche Weise,
Umschweife und Irrgänge die Nation zu
dem Grade der Cultur, zu einer solchen
und so einzigen Verbindung mehrerer
machtigen Völkerschaften und Regierun»
gen unter Ein System, zu solcher Re>
gierungsvei waltung, Gerichtsverfassung,
LehenSherrfchaft, Kircheneinrichtung u.
s. w. gelangt ist. Das Werk erregte am
Wiener kaiserlichen Hofe höhere Aufmerk»
samkeit und war zunächst Ursache von
Schmidt'S Berufung an die kaiserliche
Bibliothek. Aber der neue Fürstbischof
Franz von Er tha l verweigerte ihm die
Annahme dieser ehrenvollen Berufung
und so mußte S. den Antrag ablehnen.
Vm aber zur Fortsetzung seiner Geschichte
die kaiserlichen Archive benutzen zu kön-
nen, gestattete ihm doch der Fürst eine
Reise nach Wien. Nun stellte ihm die
Kaiserin Mar ia Theresia erneuert
den Antrag, in ihre Dienste zu treten,
und Schmidt nahm denselben, ohne
weiter auf seinen Bischof zu achten, an
und wurde im Jahre 1781 als wirklicher
kaiserlicher Hofralh und Director des
Haus», Hof« und Staatsarchivs mit
einem Gehalte von viertausend Gulden
ernannt. „Wir haben eine gute Acqui«
sltion gemacht", sagte Kaiser Joseph,
da ihm Schmidt als wirklicher Direclor
der Archive vorgestellt wurde. Der Kai»
ser ernannte S. auch sofort beim Antritte
der Regierung seiner Erbstaaten zum Milgliede des von ihm neu organisirten
Censur-CollegiumS; in der Folge erwählte
er ihn auch zum Lehrer in der Geschichte
für seinen Neffen und künftigen Thron«
folger. Die ersten Bände seines Ge»
schichtswerkeS waren in Ulm erschienen,
alS der sechste oder der erste der „neueren
Geschichte" in Wien im Jahre 1783 her-
auskam und Schmidt denselben dem
Kaiser überreichte, der ihm darüber
einige freundliche Worte sagte, bemerkte
Schmidt: „Euere Majestät, das Ver«
trauen auf meine Unparteilichkeit hat
durch meinen Eintritt in kaiserliche Dienste
gelitten". Joseph erwiederte ihm dar«
auf: „Schonen Sie Niemand, auch mich
nicht, wenn Sie dereinst bis zu meiner
Regierung kommen. Meiner Vorfahren
und meine Fehler müssen die Nachkom»
menschaft belehren". Schmidt war eS
nicht gegönnt, in seiner Geschichte so
weit zu gelangen. Er selbst brachte sie
nur bis zum siebenten, in der Gesammt«
reihe zwölften Bande, bis zu Kaiser Leo»
pold I., zum Jahre 1686; die Fort-
sehung bearbeitete nach Schmidt'S
hinterlassenen Papieren Joseph M i lb i l -
ler, der durch einige bereits herausgege«
bene Schriften stch der Aufgabe, die ihm
übertragen wurde, gewachsen zeigte.
Vierzehn Jahre stand S. in kaiserlichen
Diensten, im Alter von 38 Jahren raffte
ihn der Tod dahin. Die Tilel der von
ihm herausgegebenen Schriften sind in
chronologischer Folge: ^H
et ^Virobur»i 1769). eine deutsche Be«
arbeitung dieses Buches von Benedict
Strauch mit einer Vorrede deS Präla«
ten Ioh. Ign. Felbiger erschien unter
dem Titel: „Der Catechist nach seinen
Eigenschaften und Pflichten u. s. w."
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon