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Schneederger Schneeberger
Hoftheaters. Herr Bauer , unter wel»
chem Helene die besten Fortschritte
machte, und als der Zeitpunct gekommen
schien, daß sie öffentlich aufzutreten
wagen durfte, wurde sie auch, freilich
mit sehr geringer Gage, >:m Hoftheater
engagirt. Nachdem sie in einigen naiven
Rollen gespielt hatte, konnte es nicht
fehlen, daß die anmuthige Nühnenerfchei»
nung täglich beliebter und dem Publicum
willkommener wurde. Man wollte in
ihrem Auftreten einige Aehnlichkeit mil
Friederike Goßmann finden; es war
aber doch ein ganz anderes Genre, das
sich neben jenem der Goß mann selbst»
ständig feststellen konnte. Bald wurde
Helene S. das beliebteste Mitglied der
Mannheimer Hofbühne. Als Director
Maur ice , dieser dramatische Kunst»
kenner sonder Gleichen, im Jahre 1863
die 18jährige Helene spielen sah, lud
er sie sofort zu einem Gastspiele an sei»
nem Thalia-Theater in Hamburg ein,
was sie auch annahm und so glänzend
durchführte, daß ihr der Director ein
sehr uortheilhaftes Engagement anbot,
dessen Annahme auch erfolgte. Ende
Jänner 1864 übersiedelte sie mit Mutter
und Schwester — der Vater war im
October 1863 gestorben — nach Ham-
bürg, nicht, ohne von den Mannheimern
vorher in Blumen, Kränzen und was
sonst ein Publicum zu bieten vermag,
genug Beweise empfangen zu haben,
wie schwer sie es empfanden, die ihnen
zum Liebling gewordene Künstlerin schei»
den zu sehen. I n Hamburg, wo sie in
der Rolle der „Lorle" zuerst auftrat,
wiederholte sich. waS in Mannheim der
Fall gewesen, sie wurde mit jeder neuen
Rolle beliebter und Herausgeber dieses
Lexikons hatte während seines mehr»
wöchentlichen Aufenthalles in Hamburg
Gelegenheit, selbst zu sehen, wie ein jedes Auftreten Helenen's immer nur ein neuer
Triumph war. Dabei entwickelte sie sich
unter Maurice's umsichtiger Führung
auch künstlerisch täglich mehr. Sie schlug
ihre Vorgängerin Fräulein Ber tho ld
ganz aus dem Felde und Friederike
Goß mann war nicht mehr Alleinherr,
scherin im naiven Fache auf der deutschen
Bühne. Als Director Laube die Ham-
burger Naive spielen sah. fühlte er als-
bald, wlech ein Gewinn sie für die von
ihm geleitete Hofbühne wäre und schon
im Juni 1868 empfing Fräulein S.
einen Gastspielantcag für das Wiener
Burgtheater, den sie auch annahm. Dem
Gastspiele folgte das Engagement vom
Juni 1867 an, da sie bis dahin von
Maurice für seine Bühne engagirt
war. Seit dem Sommer 1867 geHort
Fräulein Schneeberger der Wiener
Hofbühne an, im April l868 vertauschte
sie dann ihren bisherigen Namen mit
dem ihres Gatten Har t mann, gleich»
falls Hofschauspieler, dem sie am 4. April
1868 die Hand reichte. Frau Schnee«
berger-Hartmann spielt daS naive
Fach mit glänzendem Erfolge. Eine im
Hohen Grade anmuthige Blondine von
Mittelgröße, besitzt sie nicht, wie einer
ihrer Kritiker bemerkt, die überlieferte
und darum stark fadenscheinige Senil-
Mentalität des Theaters. Ihre Herzens«
laute sind nicht sehr innig, aber unver-
stellt. Ihr ganzes Wesen ist „nicht uer»
zierlicht und nicht verwitzelt". Gine be»
sondere Anziehung übt ein kleiner eigen»
sinniger Zug aus, der sowohl ihre Art
zu betonen kennzeichnet, als auch ihre
Stirne umspielt, ein liebenswürdig bos»
Haftes Sichsträuben, eine mädchenhafte
Rechthaberei, der man mit Vergnügen
zusieht, wie dem Vogel, der mit dem
Gitter seines Bauers zänkisch verfährt.
. . . Man pflegt von Menschen, welche
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schnabel-Schrötter, Band 31
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schnabel-Schrötter
- Band
- 31
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1876
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon