Seite - 36 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Schrötter-Schwicker, Band 32
Bild der Seite - 36 -
Text der Seite - 36 -
Schubert) Franz 36 Schubers Franz
Schubert war 21 Jahre alt, als er
diesen Dienst antrat. Mit dem Mntritte
in das grasliche Haus lernte S. auch
zum ersten Male ein Gefühl kennen, das
er bei seinen Freunden bisher immer be-
lächelt hatte. Das Gefühl der Liebe. Es
mochte ihn dasselbe zu manchem Liede
begeistert, Stimmung und Gluth in vie-
len derselben beeinflußt und gesteigert
haben, aber im Ganzen trieb es ihn
durch Leidenschaftlichkeit nie aus dem
Geleise. Er war sich wohl der Schranke,
die daS Leben zwischen ihn und Comtesse
Karo l ine, denn diese war es, für die
er schwärmte, gestellt, nur zu sehr be«
wußt. Aber die Flamme hatte ihn ergrif«
fen. sie loderte, und wohl bis an sein
Lebensende, in seinem Innern fort. Von
einer Wechselseitigkeit der Gefühle ist
nichts bekannt, wenn auch das im Knos»
penalter befindliche Mädchen Kenntniß
haben mußte von der wärmeren Empfin«
düng, die den jungen MusicuS für sie
beseelte. Denn zu einer Liebeserklärung.
waS wir im gewöhnlichen Leben darunter
verstehen, war es nie gekommen, eS wäre
denn, wir lassen die schlichte Antwort
Schubert's gelten, die er der jungen
Gräsin auf einen scherzhaften Vorwurf
gab, daß er ihr noch immer kein Musik«
stück gewidmet habe. „Wozu denn", ent«
gegnete Schubert, „Ihnen ist ja ohne»
hin Alles gewidmet." Wahrhaftig, zar.
ter, voller und bündiger kann keine 3ie>
beserklärung sein. Aber über dieselbe
kam es auch nicht hinaus. Schubert
hat kein Geheimniß seines Herzens, aber
sein unbeflecktes Gefühl für jenes Wesen,
daS ihn nach eigenem Gestandnisse zu
vielen Schöpfungen seines GeniuS begei-
sterte, in's Jenseits mitgenommen. Gräfin
Karol ine vermalte sich später (1844)
mit Karl Grafen Fo l l io t -Cr enne-
vi l le, dem ältesten Bruder des gegenwar. tigen OberstkammererS und KunstmäcenS,
deS Grafen Franz. Zum Gesellschafts'
kreife deS gräflich Eßterhäzy'schenHau«
seS gehörte auch noch der seiner Zeit
gefeierte Schubertsanger Karl Baron
Schönstein, durch den Schubert's
Muse, wie durch VoZl in'S große Publi»
curn, in die höheren Kreise der Wiener
Gesellschaft eingeführt wurde. Von Com»
Positionen, welche in dieses Jahr fallen,
find besonders hervorzuheben das in
neuester Zeit durch Photographie facfi»
milirte Schubert'sche Lied: „Die Fo-
relle" und der berühmte „Trauer- oder
Sehnsuchtswalzer", zu dessen Autorschaft
außer Anderen auch Beethoven seinen
Namen herleihen mußte. Nun ziehen die
Jahre in Schubert's Leben — sein
reiches, ununterbrochenes Schaffen abge«
rechnet — ziemlich einförmig dahin. Eine
kleine Trholungstour in eine der Nach«
barprovinzen bringt in die Staffage die»
seg schlichten und doch in seinen Erfolgen
so großartigen Künstlerlebens einige,
wenngleich geringe Abwechslung. I n der
Kunst war in diesem Jahre am theatrali«
schen Himmel WienS das glänzende Ge°
stirn Rossini's aufgegangen, defsen
außerordentliches Genie, manchmal höchst
originelle Instrumentation Schubert
gern anerkannte. Im Sommer machte er
einen Ausflug nach Oberösterreich, wo er
in Linz, Sahburg, Steyr kürzere Zeit
verweilte. I n Steyr war es. wo der lei«
denschaftliche Musikfreund Paumgart«
ner, Kaufmann Kol ler und Advocat
Schellmann den gesellschaftlichen und
heiteren Kreis bildeten, in welchem sich
Schubert bewegte und glückliche Tage,
die sich zwischen Ausübung seiner Kunst
und Naturgenuß theilten, verlebte. Nach
wenigen Wochen kehrte er in seine alten,
einförmigen Verhaltnisse nach Wien zu«
rück. An musikalischen Dichtungen ent«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schrötter-Schwicker, Band 32
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schrötter-Schwicker
- Band
- 32
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1876
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon